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Antwort von Anton Kern (AMS Tirol) auf das Auskunftsbegehren über die aufschiebenden Wirkung von Beschwerden

Aktive Arbeits… am So., 29.05.2016 - 18:40
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Antwort

Zurück zum Auskunftsbegehren

Sehr geehrter Herr Mag. Ing. Mair,

bezüglich Ihrer Anfrage vom 20.10.2015 möchte ich Ihnen für das Arbeitsmarktservice Tirol folgende Antworten zu Ihren Fragen übermitteln:

1. Wann und wie haben Sie von diesem Urteil des Verfassungsgerichtshofs erfahren?

Mit Mail der Bundesgeschäftsstelle von Freitag 23.1.2015

2. Welche Dienstanweisungen und Informationen haben Sie wann an die Ihnen untergeordneten Dienststellen gegeben? (Bitte um Volltext dieser Anweisungen und Informationen) –

Siehe dazu auch die Beilagen

Mail von der Landesgeschäftsstelle (LGS) an die Regionalen Geschäftsstellen von Tirol (RGS) am Montag 26.01.2015 mit

  • Basisinformation zur Aufhebung der Regelung des § 56 Abs. 3 AlVG,

  • Übersicht der Auswirkung auf die unterschiedlichen Tatbestände/Bescheide

  • Schema zum Eilverfahren

  • BGBl. I Nr. 28/2015.

Mail von der LGS an RGS am Montag 2.2.2015
- Zusammenfassung der Vorgehensweise

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wie bereits am 26.01.2015 kommuniziert wurde, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Erkenntnis vom 02.12.2014 die Bestimmung des § 56 Abs 3 AlVG (Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden) als verfassungswidrig aufgehoben.

Ab 24.01.2015 haben daher Beschwerden gegen Bescheide der Regionalen Geschäftsstellen grundsätzlich aufschiebende Wirkung.

Für das Arbeitsmarktservice besteht die Möglichkeit, die aufschiebende Wirkung unter Beachtung der dafür geltenden gesetzlichen Voraussetzungen in bestimmten Fällen auszuschließen.

Neben der bereits übermittelten „Basisinformation“ hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) mit Erlass vom 26.01.2015, GZ: BMASK-435.005/0002-VI/B/1/2015, nunmehr eine entsprechende Vorgangsweise für den Umgang mit diesem Themenkomplex festgelegt. Dabei entspricht die Vorgehensweise der erwähnten „Basisinformation“.

Der Erlass ist dem Anhang zur E-Mail zu entnehmen und ist dieser darüber hinaus samt den am 26.01.2015 übermittelten Informationen im AlV-Infopoint abrufbar.

Zusammenfassend ist über das Bestehen einer aufschiebenden Wirkung von Beschwerden grundsätzlich folgendes festzuhalten:

  • Die aufschiebende Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde bedeutet, dass eine eingestellte Leistung vorläufig weitergebührt, der PST nicht ruhend zu stellen ist und im Fall einer rechtskräftigen Entscheidung über das Nichtbestehen des Anspruches die vorläufig bezogene Leistung mittels neuem TAB 690 rückzufordern ist.

  • Die aufschiebende Wirkung einer rechtzeitig eingebrachten Beschwerde gegen Rückforderungsbescheide (Ausnahme siehe unten) bedeutet, dass kein Einbehalt des Rückforderungsbetrages erfolgen darf. Offene Forderungen zu der bekämpften Rückforderung sind mittels Belegart VAB vorläufig außer Evidenz zu nehmen. Bereits vom Leistungsbezug einbehaltene (Teil-)Beträge sind mittels Belegart VNZ nachzuzahlen. Die so außer Evidenz genommenen bzw. nachgezahlten Beträge sind nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens und gegebenenfalls nach Korrektur des Leistungsbezuges mittels Belegart VRF wieder einzugeben.

  • Bei Antragsabweisungen oder Zuerkennungsbescheiden nach § 46 AlVG wurde noch keine Leistung zuerkannt. Daher führen in diesen Fällen die aufschiebende Wirkung zu keiner Auszahlung der Leistung.

Nur noch in folgenden Fällen ist ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde vorgesehen:

  • Sanktionen nach § 10 Abs 1 AlVG (TNB 010, 210; nicht TNB B10 – „XM-Leistung“)

  • Einstellungen von Leistungsbezügen gem § 9 iVm § 24 AlVG (Arbeitsunwilligkeit – TNB 051, 251)

  • Aussetzbescheide nach § 38 AVG (TNB 602)

  • Nichteinhaltung einer Kontrollmeldung gem § 49 AlVG, sofern die Wiedermeldung nicht innerhalb einer Woche (bis spätestens dem 8. Kalendertag; fällt dieser auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag genügt auch eine Wiedermeldung am darauffolgenden nächsten Arbeitstag) erfolgt (TNB 086 und 286).

  • Ruhensbescheide betreffend Auslandsaufenthalte von über einer Woche (TNB 048 und 248)

  • Keine Nachsicht vom Ruhen wegen Auslandsaufenthalt in einer Dauer von über einer Woche (TNB 049 und 249)

  • Rückforderung von Leistungen, die auf Grund der aufschiebenden Wirkung der eingebrachten Beschwerde weiter gewährt wurden, wenn die Beschwerde rechtskräftig abgewiesen wurde (TAB 690; TAB 890 - Rückforderungen wegen aufschiebender Wirkung während des Rechtsmittelverfahrens bei Altersteilzeit erstellt, bei denen die aufschiebende Wirkung ebenfalls ausgeschlossen wird)

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird in die entsprechenden Bescheidarten eingearbeitet. Dies wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis entsprechend gestaltete Bescheide erlassen werden können, haben Beschwerden gegen alle nach dem 23.01.2015 erlassenen Bescheide grundsätzlich aufschiebende Wirkung.

In diesem Zusammenhang wird seitens der Landesgeschäftsstelle festgelegt, dass Zahlungen auf Grund von Beschwerden gegen Bescheide, die aufschiebende Wirkung entfalten, nur auf Anweisung durch die mit Beschwerdeverfahren betrauten MitarbeiterInnen der Landesgeschäftsstelle zu erfolgen haben. Wie bisher werden die Regionalen Geschäftsstellen daher ersucht, jedenfalls binnen drei Tagen bei diesen eingelangte Beschwerden EDV-technisch an die Landesgeschäftsstelle zu avisieren und den Papierakt zu übermitteln. Daraufhin wird seitens der Landesgeschäftsstelle unverzüglich eine Prüfung des Aktes vorgenommen und wird in den jeweiligen Fällen die weitere Vorgehensweise kommuniziert.

Im Übrigen wird auf den Erlass des BMASK vom 26.01.2015 sowie die von der Bundesgeschäftsstelle durchgeführte „Basisinformation“ verwiesen.

Es ergeht das Ersuchen, die mit Verwaltungsverfahren im Arbeitslosenversicherungsrecht betrauten MitarbeiterInnen von obigen Ausführungen ehestmöglich in Kenntnis zu setzen und in zukünftigen Verfahren zu beachten.

Mit freundlichen Grüßen,

Service für Arbeitsuchende

Mail der LGS an RGS vom 5.2.2015

Info über Änderungen durch Release mit Wirksamkeit 9.2.2015 (Ausschluss AW bei Tatbeständen §§ 9,10,38) mit

  • Arbeitsanweisung 3.2.2015

  • Bescheide

  • Vers2_Übersicht_Auswirkung auf Bescheide

Mail der LGS an RGS vom 13.3.2015 mit

  • 2015-Märzrelease – EDV- und Verfahrensanweisung

  • Aktuelle Arbeitsanweisung zur Aufhebung der Regelung des § 56 Abs.3 AlVG

  • Muster neue Bescheide

Mail der LGS an RGS vom 15.09.2015 mit

  • Ausschluss der aufschiebenden Wirkung - Erlass BMASK – 433.001/0028/VI/B/1/2015/21.08.2015

  • 15.9.15 Arbeitsanweisung aufschiebende Wirkung

  • 15.9.15 Aufschiebende Wirkung Sanktionen – neues Schema

  • 15.9.15 Eilverfahren-Schema

  • 15.9.15 Übersicht über die Auswirkungen der aufschiebenden Wirkung bei der RG

Ihre Fragestellungen 3, 4, 6, 7 und 8 zusammenfassend, kann der Ablauf der Umsetzung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs betreffend, folgendermaßen beantwortet werden:

Die Veröffentlichung der Aufhebung des § 56 Abs.3 AlVG erfolgte mit 23.1.2015 und wurde ab 24.1.2015 wirksam.

In einem ersten Umsetzungsschritt wurde die bis dahin in der Rechtsmittelbelehrung von EDV-Bescheiden unter Verwendung von bundeseinheitlichen Textvorlagen enthaltene Information über die Notwendigkeit der Beantragung einer aufschiebenden Wirkung entfernt. Da somit die aufschiebende Wirkung nicht explizit ausgeschlossen wurde, führten alle so erstellten Bescheide, die nach dem 23.1.2015 erlassen wurden, im Fall einer Beschwerde zu einer aufschiebenden Wirkung (Ausnahme: Aussetzungsbescheid gemäß § 38 AVG; hier ist eine aufschiebende Wirkung von Art und Inhalt des Bescheides rechtlich nicht möglich).

Mit 6.3.2015 erfolgten der Weisungslage entsprechend Textänderungen in den Textvorlagen, die bewirkt haben, dass bei den nachstehend angeführten Bescheiden die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen wurde. Dies traf zu auf:

  • Bescheide betr. Sanktionen nach § 10 Abs. 1 AlVG

  • Einstellbescheide zu § 9 AlVG (Arbeitsunwilligkeit)

  • Aussetzbescheide nach § 38 AVG (inhaltlich konnte eine Beschwerde gegen diesen Bescheid auch schon bisher keine aufschiebende Wirkung erzeugen; siehe Kommentar Hengstschläger-Leeb)

Beschwerden gegen diese Bescheide kam ab Erstelldatum 6.3.2015 keine aufschiebende Wirkung mehr zu.

Gleiches gilt ab Erstelldatum 16.3.2015 für die folgend angeführten Textvorlagen für Bescheide:

  • Bescheide betr. Kontrollmeldeversäumnisse bei denen die Wiedermeldung nach einem Zeitraum von mehr als einer Woche erfolgt

  • Bescheide betr. Ruhen wegen Auslandsaufenthalt in einer Dauer von über einer Woche

  • Bescheide betr. keiner Nachsicht vom Ruhen wegen Auslandsaufenthalt in einer Dauer von über einer Woche

  • Bescheide betr. Rückforderungen wegen aufschiebender Wirkung während des Rechtsmittelverfahrens

  • Bescheide betr. Rückforderungen wegen aufschiebender Wirkung während des Rechtsmittelverfahrens bei Altersteilzeit

Die verwendeten Begründungstexte, die in Zusammenwirken mit dem BMASK erstellt wurden, sind in den als Arbeitsanweisung bezeichneten Unterlage unter Punkt 4 ersichtlich und erläutern, wieso bis auf weiteres der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in diesen Fällen als rechtlich zulässig beurteilt wurde.

Tatsächlich ergab die Beobachtung der nachfolgenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Zeit lang kein einheitliches Bild – erst im Sommer zeichnete sich ab, dass diese Form der Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Fall der Einbringung einer Beschwerde von der Rechtsprechung mehrheitlich nicht akzeptiert wird. In Reaktion darauf wurde die Weisungslage abgeändert.

Der generelle Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ist – mit Ausnahme der im Erlass des BMASK angeführten Ausnahmen – nur mehr im Einzelfall und mit auf den Einzelfall abgestimmter Begründung zulässig. Entsprechende Kriterien sind ebenfalls dem beiliegenden Erlass des BMASK zu entnehmen. Die von BMASK und BGS erstellten Unterlagen zum Thema befinden sich in Anlage zu diesem Schreiben.

Die Anzahl der jeweilig angefragten Fälle (Fragen 5 und 9-12)
entnehmen Sie bitte dem beigelegten Statistikmaterial (Stand 16.11.2015).

Frage 13 – Überwachung der Durchführung

Erfolgt –und zwar insbesondere durch Betreuung der RGS, Fachkontrolle, Controlling, Vier bzw. Sechs-Augenprinzip. Dies alles unter Beobachtung und Beachtung der entsprechenden Judikatur des BVwG und VwGH, wobei mir bisher keine Verletzung(en) der geltenden Vorschriften zu Kenntnis sind beziehungsweise ist.

Bei der Beantwortung von Frage 14 nach möglichen disziplinarrechtlichen Konsequenzen, ist vorauszuschicken, dass diese nur bei tatsächlichem rechts- oder weisungswidrigen Handeln zutreffen können. Die Begrifflichkeit „tendenziell rechts- oder weisungswidriges Handeln" findet hier keinen Niederschlag. Bei einem Verhalten, das nach substantiierter Einschätzung durch den Arbeitgeber als persönlich vorwerfbarer Verstoß gegen arbeits- bzw. dienstrechtliche Pflichten zu bewerten ist, stehen bei im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum AMS stehenden MitarbeiterInnen folgende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung:

1) Ermahnung,

2) Kündigung (§ 4 AMS-KV)

3) Entlassung (§ 7 AMS-KV)

Bei im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden Bediensteten sieht das Gesetz (§§ 91 ff BDG) die Erstattung einer Disziplinaranzeige an die Disziplinarkommission im BMASK vor. Die DK kann im Fall eines Schuldspruchs folgende Disziplinarstrafen verhängen (§ 92 BDG):

1) Verweis

2) Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges

3) Geldstrafe in der Höhe von einem Monatsbezug bis zu fünf Monatsbezügen

4) Entlassung

Möglich ist allerdings auch die Bestrafung durch die Dienstbehörde selbst in Form einer sog. Disziplinarverfügung (§ 131 BDG). Tatsächlich kann die Dienstbehörde ohne weiteres Verfahren schriftlich eine Disziplinarverfügung erlassen, wenn

1. der Beamte vor dem Dienstvorgesetzten, dem Leiter der Dienststelle oder vor der Dienstbehörde eine Dienstpflichtverletzung gestanden hat,
2. eine Dienstpflichtverletzung aufgrund eindeutiger Aktenlage als erwiesen anzunehmen ist oder
3. der Beamte wegen des der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegenden Sachverhaltes rechtskräftig durch ein Strafgericht oder durch ein Verwaltungsgericht bestraft wurde

und dies unter Bedachtnahme auf die für die Strafbemessung maßgebenden Gründen zur Ahndung der Dienstpflichtverletzung ausreichend erscheint.

Wie diese Ausführungen zeigen, vollziehen wir die aufschiebende Wirkung aufgrund der geänderten Rechtslage unter Beachtung der Judikatur des VwGH bzw. BVwG.

Mit Übermittlung dieser umfassenden Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Anton Kern

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