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OGH Quo war dies: Rechtsschein/Scheinrecht kommt vor rechtlichem Inhalt - Formalismus hat Vorrang vor Gerechtigkeit

Aktiver Admin am Mo., 05.09.2016 - 23:24

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
liebe Freunde,

nicht nur der Verfassungsgerichtshof machte aus Schein Wirklichkeit (es kommt auch vor, dass die Wirklichkeit wegjudiziert und so zum Schein gemacht wird), sondern auch der OGH. Schon in einer früheren Aussendung wies ich darauf hin, dass schon aus der Lektüre der Homepage des OGH ersichtlich ist, dass Rechtssicherheit vor Gerechtigkeit kommt. Gerechtigkeit kommt für den OGH gewissermaßen unter „ferner liefen“. Hier ein weiteres Beispiel, wie weit sich der OGH von der Gerechtigkeit entfernt hat bzw. sich um diese nicht mehr, sondern nur um den Rechtsschein (oder: Scheinrecht) kümmert:

Wer diese Aussage (was mir verständlich scheint) nicht glauben mag, kann es nachlesen:

http://www.ogh.gv.at/de/entscheidungen/weitere/wirksamkeit-der-bestellung-eines

»Wirksamkeit der Bestellung eines Abwesenheitskurators für einen Toten. Mangelhaftes Bestellungsverfahren - Gültigkeit eines vom Abwesenheitskurator abgeschlossenen Rechtsgeschäfts

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OGH, 6. 7. 2016, 7 Ob 51/16z

Es hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit einer Kuratorbestellung, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Kurand bereits vor der Bestellung verstorben ist.

Ein aufrechter Bestellungsbeschluss erweckt gegenüber dem Dritten den Rechtsschein, dass der Bestellung ein mangelfreies Verfahren vorausgegangen ist und der Kurator rechtsgeschäftlich wirksam für den Kuranden handeln kann.

Der 1900 geborene und als Eigentümer einer Liegenschaft einverleibte Vater der Klägerin starb 1971 in den  USA, ohne dass dies den österreichischen Behörden jemals bekannt gegeben wurde. Über Ersuchen eines Rechtspflegers wurde mit Beschluss vom 3.5.2010 für ihn eine Abwesenheitskuratorin – ohne Einschränkung des Wirkungskreises – bestellt.  2012 veräußerte die Abwesenheitskuratorin die Liegenschaft an den Beklagten. Der Kaufvertrag wurde mit Beschluss vom 24.1.2013 pflegschaftsbehördlich genehmigt. Erst danach leitete die Klägerin unter Vorlage einer Sterbeurkunde ein Verlassenschaftsverfahren ein. Mit Beschluss vom 25.11.2014 wurde ihr der österreichische Nachlass eingeantwortet.

Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Kaufvertrags und die Zustimmung des Beklagten in die Einverleibung ihres Eigentumsrechts Zug um Zug gegen Rückabwicklung des Kaufpreises.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Die Bestellung der Kuratorin und der Abschluss des Kaufvertrags seien wirksam.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte dieses Urteil.

Grundsätzlich ist zwar Voraussetzung für die Bestellung eines Abwesenheitskurators, dass der Kurand lebt. Ist dies aber nicht eruierbar, hat es keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Kuratorbestellung, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Kurand bereits vor der Bestellung verstorben ist, auch wenn er im Zeitpunkt der Bestellung bereits ein sehr hohes Alter hatte, es aber nicht auszuschließen ist, dass er dennoch am Leben ist. Bei rechtskräftiger Bestellung eines Kurators wirken die Vertretungshandlungen für den (in Österreich) ruhenden Nachlass und damit für die Erben.

Ein aufrechter Bestellungsbeschluss stellt einen äußeren Tatbestand dar, der Dritten gegenüber den Rechtsschein erweckt, dass der Bestellung des Kurators ein mangelfreies Verfahren vorausgegangen ist und der bestellte Kurator daher rechtsgeschäftlich wirksam für den Kuranden handeln kann, worauf der Dritte im Interesse der Rechtssicherheit vertrauen kann. Es ist von der Gültigkeit eines vom Abwesenheitskurator abgeschlossenen Rechtsgeschäfts auszugehen, selbst wenn das der Bestellung vorausgegangene Verfahren mangelhaft und die  Bestellung zu Unrecht erfolgt sein sollte.

Zum Volltext im RIS.«

Es geht dem OGH um den Schutz des Scheines, um den Schutz des 3. nicht aber um den Schutz von Betroffenen. Dies bedeutet nicht weniger als, wenn für Sie ein/e Abwesenheitskurator/in – wie immer – formell bestellt wird, kann hinter ihrem Rücken Ihr Vermögen verscherbelt werden. Wie dem letzten Satz zu entnehmen ist, kommt sogar Unrecht auf jeden Fall vor Gerechtigkeit.

Zweifelhafte Ausnahme vom Schadenersatzrecht für Gesetzgebung und Höchstgerichte im österreichischen Amtshaftungsrecht:

Was kann man dagegen tun? Nach dem österreichischen Amtshaftungsrecht gibt es das sogenannte Gesetzgebung-und Höchstgerichtsprivileg. Dies bedeutet, dass Akte der Gesetzgebung und der Höchstgerichte, so falsch sie sein mögen und wenn solche Vorgangsweisen jeden anderen schadenersatzpflichtig machen würden, von der Schadenersatzpflicht der Republik Österreich ausgenommen sind.

Es muss, um diesen Missständen in Gesetzgebung und Rechtspflege der Höchstgerichte Einhalt zu gebieten, dieses Gesetzgebung-und Höchstgerichtsprivileg beseitigt werden.

Oder sitzen bei den Höchstgerichten vielleicht Proponenten der philosophischen Richtungen/Denkschulen, dass jegliche Realität ohnehin nur ein Produkt des Geistes ist und schaffen so Realitäten, wie dieses Judikat?

Es ist nur etwas unglücklich, dass die so geschaffenen Realitäten leider spürbar sind und damit auf dem Boden des schmerzhaft verspürenden Menschlichen fallen.

Mit freundlichen (kollegialen) Grüßen

Rechtsanwalt
Dr. Herbert Pochieser eh.
Schottenfeldgasse 2-4
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Tel.: ++43 1 5238667
Fax: ++43 1 5238667-10
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