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Protestsongcontest 2016: Arbeitslose bleiben draußen - Politzensur zum Schutz von Rudolf Hundstorfer?

Soumis par Aktive Arbeits… le sam, 05.03.2016 - 19:17
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Antwort

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben am letzten Einreichtag unsere Einreichung des Mindestsicherungs-Protestliedes "Hey, hey, Rudi" abgeschickt und seither absolut Nichts von Ihnen gehört.

Angesichts dessen, dass dieses Thema brandaktuelle ist und wir offenbar auch die einzige Betroffenenselbstorganisation sind, die einen Beitrag eingereicht haben, eine Rekordarbeitslosigkeit von über 700.000 Arbeitslosen herrscht, ist es für uns schwer erklärbar, dass unser Beitrag nicht einmal in die Erstrunde von 25 Beiträgen gekommen ist.

Der Verdacht parteipolitisch motivierter Ausscheidung unserer Beitrags verstärkt sich auch dadurch, dass unter den 25 Einreichungen keine einzige von Thema und EinreicherIn mit unserer vergleichbar ist und so mancher Beitrag vom politischen Gehalt – angesichts der Bedrängnis, unter der die von uns repräsentierten Menschen leiden - eher dürftig ausfällt.

Das von uns thematisierte Sanktionenregime ist ja die Stütze der Herrschaft von Staat und Kapital in Österreich und wird gerade weil es ein so wichtiges Thema ist, von den herrschenden Medien VÖLLIG tot geschwiegen. Wer zum massiven und systematischen Unrecht, das mitten unter uns unseren Brüdern und Schwestern angetan wird, schweigt muss sich den Vorwurf gefallen lassen, eine Stütze der herrschenden Gewaltverhältnisse zu sein und die zum Teil völlig zu Recht frustrierten Menschen so erst recht in die Arme der rechten Rattenfänger zu treiben.

Wir verlangen daher eine Erklärung für die Nichtberücksichtigung unseres Beitrags.

Die ausnahmslose Höhe des Eintritts von 15 Euro deutet aus unserer Sicht auf eine sozialrassistische Grundhaltung der VeranstalterInnen hin, die uns Erwerbslose und Prekarisierte als unerwünscht betrachtet.

Mit kämpferischen Grüßen

Mag. Ing. Martin Mair

Obmann "Aktive Arbeitslose Österreich"


Sehr geehrter Herr Mag. Ing. Mair,

danke für Ihr Schreiben, das ich auch gerne beantworten möchte.

Es erreichen uns pro Jahr rund 200 Einsendungen beim Protestsongcontest. Auf Grund dieser doch recht hohen Anzahl ist es uns auch nicht möglich, jeder/m Künstler, Band  bzw. Initiative zu antworten, warum sich gerade ihr Song nicht in der Endauswahl wiederfindet. Und doch bemühen wir uns immer wieder, wenn es gewünscht wird, eine Rückmeldung zu geben.

Der Protestsongcontest selbst ist eine Veranstaltung, die selbst keinerlei politische Einflussnahme ausübt und sich auch von niemandem vereinnahmen lässt. Wir verstehen uns als eine Plattform für kritischen Menschen, die sich künstlerisch über die unterschiedlichsten Bereiche des Lebens äußern und ihrer Wut freien Lauf lassen möchten!

Wir haben außerdem die letzten 13 Jahre zahlreichen ganz konkreten sozialkritischen Anliegen die Möglichkeit geboten, sich im Rahmen des Protestsongcontests zu präsentieren (zb. Lobauer Frühling, Tierschutzprozeßbeteiligte, Augustinchor Stimmgewitter, Refugees u.v.a. mehr), um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Die Auswahl oblag und obliegt auch hier rein subjektiven Kriterien. Die Dringlichkeit der Inhalte bzw. Anliegen der jeweiligen Songs werden von uns in keinster Weise gewertet. Das würden wir uns nicht anmaßen.

Den Vorwurf, dass der politische Gehalt der heurigen TeilnehmerInnen ihrer Meinung nach „dürftig ausfällt“ nehme ich zur Kenntnis, möchte aber auch hier keinerlei Wertung vornehmen, welches Anliegen wichtiger oder weniger wichtig ist. Ich kann jedoch dagegenhalten, dass sich zahlreiche Beiträge zur Flüchtlingsproblematik, die nun mal heuer ganz konkret auch in Österreich erlebbar war bzw. ist, aber auch Songs zum Thema „Teuro“ bzw. „Neidgesellschaft“ unten den Einreichungen befanden, die sich ebenfalls ganz konkret mit der von Ihnen angesprochenen Problematik des Rechtspopulismusanstiegs beschäftigen.

Der Preis von Euro 15,- für das Finale im Rabenhof ist seit Beginn der Veranstaltung im Jahr 2004 gleich geblieben. Das Vorfinale im Haus der Begegnung ist sogar gratis. Ich kann hier nichts “sozialrassistisches”, wie sie es formulieren, erkennen.

Mit freundlichen Grüßen

Gerald C. Stocker


Anmerkung Aktive Arbeitslose Österreich: Wer die 25 Beiträge der ersten Rund mit unsern Beitrag "Hey, hey Rudi" (nach der Melodie "Hey, hey Wickie") vergleich wird fest stellen, dass unser Beitrag gleich in mehrfahcher Hinsicht einmalig ist:

  • Einziger Beitrag einer Betroffenenselbstorganisation
  • Einziger Beitrag der das Thema Armut / (Un)Sozialstaat (Mindestsicherung) thematisiert
  • Einziger Beitrag (und wohl auch der erste überhaupt) der das Thema Sanktionen thematisiert
  • Einziger Beitrag der die Regierung kritisiert und sogar einen verantwortlichen Minister nennt
  • Einziger Beitrag der auch selbst bei einer realen Protestaktion (Flash-Mob der Grünen mit Augustin Stimmgewitter vor dem Bundeskanzleramt aus Anlass des Beschlusses der Mindestischerung) aufgeführt worden ist.
  • Einziger Beitrag der nicht bürgerlich lamentierend oder gar als Wohlfühlbeitrag daher kommt sondern entsprechend alter Protesttradition frischfröhlichfrech mit einem kräftigen Schuß schwarzen Humor es denen da oben zeigt

Insgesamt war also der Protestfaktor offenbar dem Protessongcontest doch zu groß weshalb bei dieser bürgerlichen Show - wo die KünstlerInnen gratis auftreten und gratis für den sich alternativ gebenden Unterhaltungssender FM4 des Staatsfunk ORF arbeiten dürfen - einfach kein Platz war für uns. Surriles Detail am Rande: In der Jury, die über die Aufnahme in die erste Runde entscheidet, sitzt auch Musiker Gilde Obmann Peter Paul Skrepek, der eigentlich dafür sorgen sollte, dass Österreichs MusikerInnen für ihre Arbeit ordentlich bezahlt werden ...

Die Vermutung, dass hier Politzensur geübt worden ist, liegt daher ausgesprochen nahe, zumal der Kritisierte, Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer, nun sogar um das "höchste Amt" in der Republik kandiert. Vermutlich wollte der Veranstalter da der mehr als berechtigten Kritik an Ex-Sozialminister Rudolf Hundstorfer keine Öffentlichkeit geben ...

Dass es keinerlei Transparenz über die Vorausscheidung gibt bestärkt zudem unsere Vermutung. Bezeichnend für die in Österreich vorherrschende Ignoranz ist es auch, dass die Veranstalter es nicht einmal für notwendig erachten, die abgelehnten KünstlerInnen zu verständigen.

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