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Wahlumfrage Wiener Gemeinderatswahl 2015 - Antworten der Fraktionen: wien anders (ANDAS)

Soumis par Aktive Arbeits… le jeu, 01.10.2015 - 19:36

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1. Was sind für Sie die wichtigsten URSACHEN der steigenden Zahl erwerbsarbeitsloser Menschen in Wien? Ist das nur ein lokales Problem, oder auch ein globales? Ist es nur ein vorübergehendes oder dauerhaftes Problem? Ist es nur ein Detailproblem der Wirtschaft & Politik oder doch ein grundlegendes Systemproblem?

Die steigende Erwerbsarbeitslosigkeit ist ein weltweites Systemproblem. Die Entwicklung der letzten 200 Jahre seit der Industrialisierung hat gezeigt, dass steigende Produktivität immer weniger menschliche Arbeitsleistung notwendig macht – sodass bis in die 70er Jahre die Regelarbeitszeit immer wieder reduziert wurde. Seit den 70er Jahren hat sich die Produktivität vervierfacht. Die Arbeitszeit ist aber nicht gesunken.

2. Was sind Ihre Vorschläge zur Verringerung der Zahl der Erwerbsarbeitslosen?

Das Mittel der Wahl gegen die Arbeitslosigkeit ist für uns eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden. Das kann durchaus auch auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Göteborg macht bereits sehr gute Erfahrungen mit dem 6h-Arbeitstag.

3. Unterstützen Sie eine Arbeitszeitverkürzung? In welchem Ausmaß, mit/ohne Lohnausgleich und mit welchen begleitenden Maßnahmen?

Ja Arbeitszeitverkürzung auf 30-Stunden. Langfristig die Einführung eines BGE. Mit Netto-Lohnausgleich. Seit 2008 sind die Reallöhne nicht gestiegen, es muss endlich zu Lohnerhöhungen kommen. Die wichtigste Begleitmaßnahme ist eine umfassende Steuerreform, die Vermögen und leistungslose Vermögensverschiebungen (wie Erbschaften) deutlich höher besteuert und Arbeitseinkommen wesentlich niedriger. Zudem müssten auch Sozialversicherungsbeiträge stärker progressiv werden, sprich die Höchstbemessungsgrundlage abgeschafft werden.

4. Die Gemeinde Wien mit ihren Subfirmen ist einer der größten Arbeitgeber in Wien und könnte mit gutem Beispiel vorangehen. Was soll Ihrer Meinung nach die Gemeinde Wien in folgenden Angelegenheiten unternehmen:

  • Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden, Streichung von Überstunden und Überstundenpauschalen.
  • Wien anders ist für die Rückgängig machen der Auslagerung von Arbeit an (Sub)Subunternehmen
  • Wien anders ist für die Verringerung der Leiharbeit und Übernahme der LeiharbeiterInnen in den Ausleiherbetrieb.
  • Wien anders ist für den Ausbau der Mitbestimmung der ArbeitnehmerInnen und KundInnen (z.B. der MieterInnen im Gemeindebau).

5. Wie stehen Sie zu dem in Wien vom AMS besonders forcierten „zweiten Arbeitsmarkt“,

Der Zweite Arbeitsmarkt ist die österreichische Form der „1-Euro Jobs“ und stellt für uns in vielen Fällen eine sittenwidrige Ausbeutung von ArbeitnehmerInnen dar.

Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Wien solche Projekte nur noch dann fördert, wenn diese freiwillig sind und regulär entlohnt werden?

Ja, niemand darf zu Arbeit gezwungen werden, auch nicht mit Zwangsmaßnahmen wie Bezugskürzungen.

6. Sind Sie für die Förderung alternativer Wirtschaftsformen („solidarische Ökonomie“) z.B. auch durch eine neue „Aktion 8000“ wie unter Sozialminister Alfred Dallinger in den 89er Jahren? Wenn ja, in welcher Höhe bzw. mit welchen sonstigen Mitteln/Services und mit welchen Schwerpunkten?

Ja, die Ausarbeitung von Modellen überlassen wir aber Experten. Klar ist jedenfalls, dass die seit 40 Jahren herrschende neoliberale Wirtschaftsordnung dem Gemeinwohl nicht gedient hat.

7. Die UNO hat bei der 5. Staatenprüfung Österreichs über die Umsetzung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte im Herbst 2013 die Höhe der Mindestsicherung als zu niedrig (dzt. für Einzelpersonen rund 200 Euro unter der Armutsgrenze nach EU-SILC) und die Zugangshürden als zu hoch bezeichnet. Halten Sie die Mindestsicherung in der jetzigen Form für ausreichend oder wollen Sie diese verbessern? In welcher Art und Weise?

Wien Anders spricht sich für die Erhöhung der Mindestsicherung und der Mindestpension (konkret des Ausgleichszulagenrichtsatz) über die Armutsgrenze aus. Außerdem für eine Auszahlung der Mindestsicherung 14mal im Jahr.

8. Halten Sie es für vereinbar mit den Werten der Demokratie und Menschenrechte (Recht auf FREI gewählte Arbeit, Recht auf soziale Sicherheit), dass bei der allerletzten Existenzsicherung die Existenz von Menschen durch Bezugskürzungen bis auf den Wohnkostenanteil von 25% wegen angeblicher „Unwilligkeiten“ auf reinen Verdacht hin (ohne vorherigem Parteiengehör) vernichtet werden kann? Sind Sie für die Abschaffung/Linderung des Sanktionenregimes? Wenn ja: In welcher Form. Wenn nein: Warum nicht?Sind Sie für die Einführung einer Arbeitslosen- und Sozialanwaltschaft? In welcher Form soll diese eingerichtet werden? Welche Aufgaben soll sie haben?

Es darf keinen Zwang zur Arbeit geben. Wir sind für die Abschaffung von Sanktionen. Wien Anders ist auch für die Einrichtung einer UNABHÄNGIGEN Arbeitslosen- und Sozialanwaltschaft nach dem Vorbild der Patientenanwaltschaft.

9. Sind Sie für ein Wiener Informationsfreiheitsgesetz, das festschreibt, dass alle Durchführungsanweisungen veröffentlicht werden und Anleitungen in verständlicher Sprache veröffentlicht werden, damit wesentliche Informationen über die Arbeit der Gemeinde/des Landtags für die „Rechtsunterworfenen“ endlich zugänglich werden?

Ja, wir sind für ein Informationsfreiheitsgesetz und eine Transparenzdatenbank, die nicht nur die Stadt, sondern auch die ausgegliederten Unternehmen im Eigentum der Stadt (Wiener Wohnen, Wien Holding, usw.) mit erfasst.

10. Unter rot-grün gab es unter dem Titel „Arbeitslosenanwaltschaft“ das Projekt „offen gesagt“ mit AK, Gemeinde Wien (SPÖ/Grüne), AMS, das lediglich eine Studie mit Fokusgruppen durchführte und Arbeitsloseninitiativen lediglich über die Studie informierte. Halten Sie diese Art der „Partizipation“ für ausreichend? In welcher Form wollen Sie die Mitsprache Betroffener verbessern und einen offenen, politischen Raum schaffen? Vielleicht auch einmal im Jahr ein "Arbeitslosenparlament" im Rathaus?

Wir sehen die Vertretung von Erwerbsarbeitslos (aber auch neuen Selbständigen) durch die Kammern und Gewerkschaften als unzureichend an. Daher müssen gerade auch unabhängige Interessenvertretungen in den politischen Prozess eingebunden werden. ÖGB und AK stehen viel zu sehr unter parteipolitischem Einfluss.

11. Sind Sie für die Förderung von Betroffenenselbstorganisationen? (Dem Verein „Aktive Arbeitslose“ wurde sogar die minimale Förderung als Selbsthilfegruppe verweigert, weil er politisch zu aktiv sei!) In welcher Form? Was können Sie selbst beitragen? Unterstützen Sie die Forderung des Vereins „Aktive Arbeitslose“ nach einem selbst verwalteten Arbeitslosenzentrum? Alle möglichen Gruppen bekommen Förderungen und Räume, nur die rund 180.000 Wiener Erwerbsarbeitslosen nicht!

Klares ja! Wir sind für die Förderung von parteipolitisch unabhängigen Interessenvertretungen.

12. Wie stehen Sie zu einer Existenzsicherung über ein bedingungsloses Grundeinkommen (unter Wegfall der Mindestsicherung)?

Wir sind für die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Wien könnte hier – so wie Utrecht es gerade macht – ein Pilotprojekt auf kommunaler Ebene umsetzen.

13. Setzen Sie sich für die Erhöhung der Nettoersatzrate bei der Arbeitslosenversicherung, die Valorisierung der Notstandshilfe (wurde im Jahr 2000 abgeschafft) und die Erhöhung/Abschaffung der Freigrenzen bei der Anrechnung des PartnerInneneinkommens bei der Notstandshilfe ein, was das Sozialbudget der Gemeinde Wien bei der Mindestsicherung entlasten würde?

Wir sind dafür die Anrechnung des PartnerInneneinkommens bei der Notstandshilfe abzuschaffen. Davon sind zum allergrößten Teil Frauen betroffen, die so in die antiquierte Abhängigkeit vom Ehemann gedrängt werden.

14. Gleichzeitig mit der Senkung der Kosten für die Jahreskarte der Wiener Linien wurde die bereits mit 70 Euro vergleichsweise hohe „Mehrgebühr“ für „SchwarzfahrerInnen“ auf 100 Euro erhöht (üblicherweise liegt diese Gebühr bei 40 – 50 Euro). Halten Sie das für angemessen? Die vergünstigte Monatskarte ist nicht personalisiert, wer diese bloß zu Hause vergessen hat, muss trotzdem Strafe zahlen!

Wir treten grundsätzlich für gemeinschaftlich finanzierte fahrscheinlose Öffis ein, wie es sie zB in Tallinn gibt. Auch ein entsprechender Versuch in Graz war erfolgreich. Mit der neuen Jahreskarte wurde nicht nur die „Mehrgebühr“ beim Schwarzfahreren erhöht, sondern auch der Preis des Einzelfahrscheins, was die Öffis – gerade für Umsteiger die nur gelegentlich Öffis benutzen – unattraktiver macht. Als Angemessene „Mehrgebühr“ erscheint uns der Tarif für „Falschparken“ somit ca. zw. 30 und 40 Euro. Wir sind aber wie gesagt für fahrscheinlose Öffis. Die Ticketverkäufe finanzieren ohnehin nur 1/3 der Kosten.

15. Der Mobilpass ist nur für BezieherInnen der Mindestsicherung erhältlich, aber nicht für Arbeitslose, die sich dem bürokratischen Mindestsicherungsregime (u.a. massiver Datenaustausch!) nicht unterwerfen wollen. Wollen Sie das ändern?

Ja, wir hoffen aber, dass sich die Frage bei fahrscheinlosen Öffis nicht mehr stellt. Das Beispiel des Mobilpass zeigt wo überall Bürokratie mit Fahrscheinlosen Öffis eingespart werden könnte.

16. Was wollen Sie gegen Stromabschaltungen der von Armut betroffenen Haushalte tun und gegen andere Kosten verursachende Schikanen, die gerade Armutsbetroffene treffen (für das Aufsperren der Stromversorgung wird z.B. wieder eine extra Gebühr verlangt!).

Wir treten für die Energiegrundsicherung ein. In einem der reichsten Länder der Welt darf niemand frieren.

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