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Stellungnahme zum Bundesgesetz, mit dem ein Integrationsgesetz und ein Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz erlassen sowie weitere Gesetze geändert werden ("Integrationspaket") (290/ME)

Aktive Arbeits… am Di., 11.04.2017 - 13:25

Wien/Graz, 11.4.2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Verein „Aktive Arbeitslose Österreich“ erlaubt sich als ungeförderter Verein aufgrund mangelnder Ressourcen etwas später seine Stellungnahme abzugeben. Grundsätzlich sollte im Sinne der Qualitätssicherung und der Eindämmung der Gesetzesflut die Frist für die Begutachtung aller Gesetze auf 3 Monate ausgedehnt werden!

Allgemeine Anmerkungen

Angesichts der Bedeutung des Themas „Integration“ ist die eher kurze Begutachtungsfrist fragwürdig. Einer Demokratie angemessener wäre es gewesen, zuerst eine Enquete zu organisieren, bei der auch die Betroffenenselbstorganisationen ausreichend zu Wort kommen, anstatt von oben herab einen recht mangelhaften und sehr bürokratischen Entwurf zu erlassen. Dass trotz der zahlreichen und fundierten Kritik aus der Zivilgesellschaft und von ExpertInnen im Regierungsentwurf fast keine Änderungen gemacht wurden, zeigt eindrucksvoll, dass dem Außenministerium der Respekt vor dem Souverän, dem Volk, fehlt.

Grundsätzlich ist die obrigkeitsstaatliche Ausrichtung des Entwurfes zu kritisieren. Es wird zwar in Bezug auf „Integration“ von einem „beidseitigen Prozess“ gesprochen und sogar salbungsvoll vom „Wohle der gesamten Gesellschaft“, dennoch werden Asyl suchende Menschen von der Obrigkeit als passive und rechtlose Objekte behandelt, denen der Obrigkeitsstaat keine aktive Mitsprache und Selbstbestimmung zugesteht. Nirgends sind die Rechte der Asylsuchenden/Asylberechtigten festgeschriebenn noch gibt es einklagbare Pflichten des Staates! Eine Selbstvertretung mit vollen Mitspracherechten, wie sie sich z.B. aus ILO Konvention 122 und ILO Empfehlung 202 ergeben, ist auch nicht vorgesehen! Diese grundlegend antidemokratische Ausrichtung lehnen wir entschieden ab!

Der Entwurf ist menschenrechtsfeindlich, weil die aus internationalen Konventionen sich ergebenden Verpflichtungen vom Außenministerium, das ja für die Koordinierung der Menschenrechtsaktivitäten verantwortlich ist, ignoriert und nicht einmal zur Sprache gebracht werden.

Aktive Arbeitslose Österreich fordern daher, dass alle Gesetzesentwürfe der Prüfung auf Konformität bezüglich der Menschenrechte unterzogen werden und, dass nicht bloß die Kosten für die Regierung sondern auch die Kosten und sonstigen Auswirkungen auf das Leben der Menschen evaluiert werden müssen!

Auffallend ist, dass die Gesetzesvorlage entgegen gesetzlicher Bestimmungen nicht einmal geschlechtsneutral durch sanftes Gendern formuliert ist!

Artikel 1: Integrationsgesetz

§ 1 Zielbestimmungen

Die „Integrationspflicht“ ist mehr als fragwürdig, da in einer Demokratie der Staat kein Recht hat, seinen BürgerInnen die Lebensweise vorzuschreiben und zu definieren, was denn „Integration“ sein soll.

Völlig unsinnig ist der Artikel 2, der Österreich zum „liberal-demokratischen Staatswesen“ erklärt, was bestenfalls der Bundesverfassung vorbehalten ist. Der Begriff „liberal“ ist - je nach dahinter stehender Ideologie - verschieden und recht vage und dessen Beschwörung vermag uns nicht über die antiliberale Ausrichtung des vorliegenden Gesetzesentwurfes hinweg zu täuschen. Echte Demokratie kann nämlich nie autoritär sein!

Es steht dem Staat in einer Demokratie grundsätzlich nicht zu, eine „identitätsbildende Prägung“ zu bestimmen und von seinen BürgerInnen deren „Wahrung“ zu verlangen. Derart identitäre, wenn nicht sogar rechtsextreme, Versatzstücke haben in einem Bundesgesetz eines demokratischen Staates nichts zu suchen. Nicht die Regierung hat das Volk zu prägen sondern umgekehrt! Zu einem „friedlichen Zusammenleben“ ist gerade in einer Demokratie nicht notwendig, dass alle Menschen „gleiche Werte“ und „Identitäten“ haben oder gar einander mögen. Die gegenseitige Achtung der Rechte und Würde des Menschen sind hierzu völlig ausreichend!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Streichung der Definition von „Integration“. Dieser Begriff muss in einer Demokratie stets aufs neue vom Volk selbst mit Leben erfüllt werden und kann nicht von der Regierung bestimmt werden!

§ 2 Integrationsbegriff

Der „Integrationsbegriff“ wird einer pluralistischen Demokratie nicht gerecht und ist aufgrund seiner autoritären Tendenzen strikt abzulehnen! „Integration“ hängt eben nicht davon ab, sich obrigkeitsstaatlich von oben herab verordneten „Integrationsmaßnahmen“ zu unterwerfen! Ein Hohn ist die Behauptung, dass „auch alle staatlichen Institutionen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene“ „ihren Beitrag zu einem erfolgreichen Integrationsprozess durch das systematische Anbieten von Integrationsmaßnahmen“ leisten, wenn die Asyl suchenden Menschen die Kosten für die vom Staat verordneten Zwangsmaßnahmen selber leisten müssen und bestenfalls einen Kostenzuschuss von 50% erhalten! Der Euphemismus „negative Integrationsbemühungen“ in den EB deutet auf eine sehr seltsame Ideologieblase der BürokratInnen hin. Auch AsylwerberInnen und Asylberechtigte sind vollwertige Menschen die ihr Menschsein nicht durch besondere „Bemühungen“ nachweisen müssen!

Rassistisch mutet der Zusatz „europäisch“ bei den Grundwerten eines demokratischen Staates, welche die zu Integrierenden anzuerkennen und zu respektieren hätten, als gäbe es außerhalb von Europa keine Demokratien! Die Ministerialratsbürokratie pflegt da einen abgehobenen und selbstgefälligen Ton, der sich durch die ganzen Dokumente zieht und der mit wirklich demokratischer Gesinnung nicht vereinbar ist.

Umso bedauerlicher ist es, dass die Erläuterung in der Regierungsvorlage weiter in Richtung nationalistischem Fundamentalismus erweitert wurde und nunmehr geradezu autoritär die „Verbundenheit mit der Grundordnung Österreichs“ - was recht unbestimmt ist und sogar als Festschreibung der kapitalistischen Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse interpretiert werden könnte! - „und damit die Ablehnung jeglicher dieser Grundordnung widersprechenden radikaler, fundamentalistischer Strömungen stärker zum Ausdruck kommen.“ Zum Wesen echter Demokratie gehört aber auch, dass die „Grundordnung“ verändert werden kann und nicht als quasi Gott gegeben ewig festgeschrieben bleibt. Die Begriffe „radikal“ und „fundamentalistisch“ sagen an sich nichts über den Inhalt der „Strömungen“ aus. Lehnt die Regierung nun doch auch fundamentalistische Katholiken ab? Oder gar neoliberale Marktradikale und StaatsfetischistInnen?

Diese klar rassistisch gemeinten Äußerungen sind zu entfernen! Ein demokratischer Rechtsstaat mag zwar die Einhaltung konkreter Gesetze, die konkretes äußeres Handeln oder Nichthandeln vorschreiben von seinen BürgerInnen mit der Staatsgewalt erzwingen, aber nicht die Einhaltung von „Werten“ und „Prinzipien“, was ja Gesinnungstatbestände beträfe! Die ebenfalls in Begutachtung stehende Strafgesetznovelle mit einem extrem problematischen und totalitären „Staatsfeindeparagrafen“ deutet auf eine verfassungs- und menschenrechtsfeindliche Strömung in der Regierung hin.

Dass der ideologisch aufgeladene Integrationsbegriff sich gegen alle BürgerInnen richtet, wird in den Erläuterungen sichtbar, die apodiktisch behaupten, „Für eine gelingende Integration“ habe „auch jede in Österreich lebende Person im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen Beitrag zu leisten.“ Das erinnert uns stark an das neoliberal-paternalistische Aktivierungs- und Arbeitszwangsregime beim AMS, das die „Arbeitsmarktintegration“ und die zwangsweisen „Wiedereingliederungsmaßnahmen“ - als seien Erwerbsarbeitslos asoziale Elemente – zum allgegenwärtigen Dogma erhebt! Die Art und Weise, wie AsylerwerberInnen und Asylberechtigte den planwirtschaftlichen, staatlichen Zwangsmaßnahmen unterworfen werden erinnert uns an das Gewaltregime bei AMS und Mindestsicherung!

Mit einer echten Demokratie völlig unvereinbar ist, wenn „Integration“ auf „Teilhabe durch Erwerbsarbeit und das rasche Erreichen der Selbsterhaltungsfähigkeit“ beschränkt wird und der Mensch so von der Staatsgewalt auf ein Objekt der kapitalistischen und staatlichen Verwertungsprozesse reduziert wird! Es steht in einer Demokratie dem Staat nicht an, den Menschen ihre Lebensformen und Lebensziele vorzuschreiben. Insbesondere hat der Staat kein Recht, bei Familienverbänden und anderen kollektiven Lebensformen, von allen einzelnen Mitgliedern Erwerbsarbeit mit Gewalt (Sanktionsandrohungen) zu erzwingen! Einen derartigen allgemeinen Arbeitszwang gibt es in Österreich bislang noch nicht und verletzt das MENSCHENRECHT auf FREI gewählte Arbeit für alle, zu dem sich Österreich in 5 internationalen Konventionen verpflichtet hat1. Diese diktatorischen Anwandlungen können von allen DemokratInnen nur abgelehnt werden!

Dieser „Integrationsbegriff“ müsste zudem im Sinne der Gleichbehandlung nach Artikel 14 EMRK an alle Menschen in Österreich gelegt werden. Dass die „Eingeborenen“ diesem „Integrationsbegriff“ entsprechen und gar den „StaatsbürgerInnenschaftstest“ des Außenministeriums schaffen, ist allerdings zu bezweifeln!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Streichung der Definition von „Integration“ denn es kommt der Regierung bzw. dem Parlament nicht zu, von oben herab zu bestimmen, welche Mitglieder des Volkes als „integriert“ zu gelten haben und welche nicht. Vielmehr ist es der Staat der in einer Demokratie den Menschen zu dienen hat, seine Integrationsfähigkeit nachzuweisen hat und den neuen MitbürgerInnen einen Platz zur freien Entfaltung statt Einengung durch Bevormundung zu gewährleisten hat!

§ 4 Deutschkurse

So begrüßenswert das Anbieten von Deutschkursen ist, umso mehr ist es abzulehnen, diese zu „Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt“ nach § 12 Abs. 5 AlVG zu erklären und mit den im AlVG vorgesehen menschenrechtswidrigen, weil Existenz bedrohenden, Sanktionen zu erzwingen. Nicht für jede Arbeit sind Deutschkenntnisse erforderlich und schon gar nicht die im Rahmen der Kurse angeblich vermittelten „Werte“.

Angesichts der Internationalisierung und dass nunmehr sogar englischsprachige Abschlußarbeiten an den Universitäten möglich sind, ist es fragwürdig, nur über die deutsche Sprache eine „Integration“ zu ermöglichen. Der Staat hat nicht das Recht, den Genuss der Grund- und Menschenrechte von der Beherrschung der jeweiligen Amtssprache abhängig zu machen!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Volle Übernahme der Kurskosten inklusive der Anfahrtskosten. Grundsätzlich fordern wir Freiwilligkeit bzw. zumindest eine vollständige und unbürokratische Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und Möglichkeiten durch ein modulares Kurssystem sowie der Möglichkeit, jeweils die Kursanbieter sich selbst auszusuchen und gegebenenfalls auch zu wechseln, wenn die Qualität der Kurse nicht passt. Beschreibungen der Kursangebot sind in einer Online-Datenbank übersichtlich und verständlich in allen relevanten Sprachen bereit zu stellen!

§ 5 Werte- und Orientierungskurse

Der Begriff „Werte“ kommt in der Bundesverfassung nicht vor und es gibt auch keine objektiven „österreichischen Werte“. Dieser Rückgriff auf rechtspopulistische Ideologieblasen hat in einem Bundesgesetz nichts verloren! Demokratie zeichnet sich eben dadurch aus, dass nicht der Staat, sondern die BürgerInnen bestimmen, was für deren eigenes Leben einen „Wert“ hat. Das AMS wird aus der sozialpartnerschaftlich selbst verwalteten ArbeitslosenVERSICHERUNG finanziert und ist nicht dafür zuständig, die Versäumnisse des Staates auszugleichen. Daher ist sicher zu stellen, dass die vollen Kosten aus dem Staatsbudget abgedeckt werden!

Das klingt vielmehr nach staatlicher Gehirnwäsche wie sie in den realsozialistischen und faschistischen Diktaturen üblich war.

So schön es ist, dass die „Würde des Menschen“ als Lerninhalt festgeschrieben wird, so ist diese zwar in der Deutschen Bundesverfassung aber leider immer noch nicht in der österreichischen Bundesverfassung. Ebenso sind immer noch nicht die Menschenrechte in der Verfassung verankert, wofür die Partei des Außenministers, die ÖVP, verantwortlich ist. Menschenrechte sind Grundlage echter Demokratie. Dass diese nicht einmal hier angeführt werden zeugt von mangelnden Willen zur Demokratie.

Geradezu als Hohn ist es zu bezeichnen, wenn in den Wertekursen gelehrt „das Recht jedes Einzelnen auf ein selbstbestimmtes und selbstverantwortliches Leben“ gelehrt werden soll, das „Integrationsgesetz“ als Ganzes mit der dahinter liegenden identitären Ideologie uns genau diese Selbstbestimmung als BürgerInnen aber abspricht!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Beschränkung der „Wertekurse“ auf objektive und grundlegende Lehrinhalte, die – im Sinne der Gleichbehandlung nach Artikel 14 EMRK– auch bereits hier eingesessenen EinwohnerInnen im Rahmen der Schulpflicht in etwa abverlangt werden mit Ausnahme der nach wie vor im Regelschulwesen fehlenden Menschenrechtsbildung und Bildung über Recht und deren Durchsetzung!

Bezüglich freie Kurswahl siehe Forderungen „ § 4 Deutschkurse“!

§ 6 Mitwirkungspflichten und Sanktionen

Völlig inakzeptable, weil mit den Menschenrechten nicht vereinbar, ist die permanente Bedrohung des Überlebens von Menschen mit Sanktionen. Wie eine vor kurzem vom wifo veröffentlichte Studie über die Wirkung von AMS-Maßnahmen zeigt, haben Sanktionen keinerlei feststellbare „positive“ Auswirkungen.2 Zahlreiche internationale Studien hingegen zeigen sogar klar, dass Sanktionen massive negative Auswirkungen haben und als Form der „schwarzen Pädagogik“, die das Menschenrecht auf Existenzsicherung, frei gewählte Arbeit und auf Gesundheit zerstört3, vor allem jene Menschen treffen, die sowieso schon von der noch vorherrschenden Gesellschaft an den Rand gedrängt und missachtet werden4. Existenz bedrohende Sanktionen sind daher als sozialrassistisches Gewaltregime grundsätzlich abzulehnen!

Verschärfend kommt hinzu, dass zwar betont wird, dass „Integration“ ein „beidseitiger Prozess“ sei, aber den zu Integrierenden keinerlei Rechte zugestanden werden und für die Nichtbereitstellung von „Integrationsleistungen“ keinerlei Sanktionen vorgesehen sind. Hier besteht ein massives Ungleichgewicht, das mit den Grundwerten der Demokratie – der Gleichheit aller Menschen – völlig unvereinbar ist.

Das Sanktionenregime ist nicht nur eine massive Gewalt gegen die Betroffenen, sondern auch gegen jene Menschen, die vom Staat genötigt werden, anderen Menschen massiven Schaden zuzufügen. Das „administrative Massenverbrechen“ (Hannah Arendt) Sanktionenregime ist daher moralisch zutiefst verwerflich und untergräbt den Rechtsstaat!

Inakzeptabel ist, dass der Bund den Ländern die verpflichtende Sanktionierung von MindestsicherungsbezieherInnen vorschreiben will, und so nach Verzicht des Bundes auf ein Mindestsicherungsrahmengesetz in unzulässiger Weise in die Hoheitsrechte der Länder eingreift. Dies ist gerade auch aus verfassungsrechtlicher Sicht inakzeptabel, weil das Ergebnis eine Ermittlungsverfahrens und gesetzlich vorgesehener Ermessenspielräume nicht generell eingeschränkt werden kann. Die Verschärfung in der Regierungsvorlage, die sogar betont, dass die „Verpflichtung“, auf jeden Fall zu sanktionieren, „wiederholt und verstärkt“ wird, zeigt die ausgeprägte Gewaltbereitschaft der Bürokratie!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Nein zur permanenten Gewalt durch Existenz bedrohenden Sanktionen. Die einfachste Qualitätssicherung ist die freie Kurswahl. Statt „schwarzer Pädagogik“ positive Sanktionen in Form eines Startkapitals bzw. Integrationsbonus nach Abschluss der „Integrationsmaßnahmen“.

§ 7 Integrationsvereinbarung

Aufgrund des enormen Machtungleichgewichts und der angedrohten Sanktionen ist es reiner Betrug, dieses Herrschaftsinstrument als „Vereinbarungen“ zu bezeichnen. „Vereinbarungen“ sind nach ABGB nur zwischen gleichwertigen VertragspartnerInnen möglich!

Inakzeptabel ist es, wenn der Staat, der sich anmaßt, anderen Menschen etwas aufzuzwingen, nicht die gesamten Kosten für diese Zwangsmaßnahmen übernimmt, sondern nur gnädigerweise eine „Kostenbeteiligung nach Maßgabe des Gesetzes“– also nur 50% – in Aussicht stellt. Bezeichnend für das autoritäre Verhalten des Außenministeriums ist, dass in der Regierungsvorlage in der Erläuterung der Hinweis auf die Kostenbeteiligung gestrichen worden ist!

Da die Bildungsmodule sowieso nur grundlegende Bildungsinhalte umfasst, wird durch die Überwälzung der Hälfte der Kosten auf die AsylwerberInnen und Asylberechtigten das Menschenrecht auf freie und kostenlose Bildung5 verletzt!

Aus rechtsstaatlicher Sicht ist es völlig inakzeptabel, dass gegen die aufgezwungene „Vereinbarung“ keinerlei Rechtsmittel vorgesehen ist.

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Grundsätzlich lehnen wir solche Zwangsinstrumente, die sich in neoliberaler Manier als „Vereinbarung“ tarnen ab. Da es sich um keine privatrechtliche Vereinbarung handelt, sondern um einen behördlichen Auftrag, wäre in Anlehnung an den im AMSG vorgesehen Betreuungsplan angelehnt, Integrationsplan passender, der als Bescheid zu erstellen wäre, mit der Möglichkeit richterlicher Überprüfung.

Da es sich um eine Zwangsmaßnahme handelt, hat der diesen Zwang aufoktrierende Staat auch die vollen Kosten inklusive Fahrtkosten und Verpflegungskosten zu übernehmen!

§ 8 Zuständigkeit

Da es sich um ein Bundesgesetz handelt ist entsprechend den allgemeinen Richtlinien der Verwaltungsgerichtsbarkeit auch das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz vorzusehen. Es ist nicht einzusehen, warum es zu einem Bundesgesetz neun verschiedene Rechtsprechungen geben soll, wodurch der Rechtszugang für die betroffenen Menschen erschwert wird! Bei den Landesverwaltungsgerichten ist die politische Unabhängigkeit immer noch nicht voll gegeben. Die zumeist selbst aus der Verwaltung kommenden „RichterInnen“ sind immer noch nicht dienstrechtlich richtigen Richtern gleichgestellt und haben oft auch keine gleichwertige Richterausbildung!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung soll das Bundesverwaltungsgericht zuständig sein. Zur Wahrung des Rechtszugangs soll es auch einen gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung durch unabhängige Beratungsstellen geben. Ein solches Recht sollte schrittweise auf alle Rechtsgebiete wobei der Sozialbereich (Arbeitslosigkeit, Mindestsicherung, Invalidität, Krankheit, …) als erstes umzusetzen ist, ausgedehnt werden.

§§ 9 und 10 Modul 1 und 2 der Integrationsvereinbarung

Da Asylwerber oft traumatisiert sind und nicht mutwillig geflüchtet sind, ist die First von zwei Jahren, mit maximaler Verlängerung von einem Jahr, realitätsfremd und unzumutbar!

Die eher komplexen Anrechnungsregelungen vermögen uns nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die aufgezwungen, standardisierten Kurse eine bürokratische Schikane darstellen, die einer Demokratie unwürdig sind!

§§ 11 und 12 Integrationsprüfungen

Die Bezeichnung „Integrationsprüfung“ ist eine Verhöhnung der in Österreich gestrandeten Menschen. Woher nimmt der Staat sich das Recht, zu bestimmen und zu überprüfen, was „Integration“ sein soll. Die Verweigerung der Wiederholung einzelner Prüfungsteile ist sachlich in keiner Weise gerechtfertigt und als reine Schikane abzulehnen

§ 13 Integrationskurse

Auch die Zertifizierungen sind nur eine „Behübschung“ unnötiger Zwangsmaßnahmen. In einer Demokratie sollten Menschen die Wahlfreiheit der Bildungswege haben.

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Auch auf privater Basisinitiative beruhende Bildung für Asylberechtigte sind unbürokratisch und ohne zusätzliche Kosten für die Bildungsanbieter den von Gewinninteressen getriebenen Kursindustrie gleichzustellen! Bildungsgutschein für alle!

§ 14 Kostenbeteilung

Da die Republik Österreich via mindestens 4 internationaler Menschenrechtsübereinkommen – siehe Fußnote § 4 – sich zur Umsetzung des Menschenrechts auf kostenlose (Grund)Bildung verpflichtet hat, hat der Staat die Pflicht die Kosten der grundlegenden Bildung seiner BürgerInnen und diesen gleichgestellten aufenthaltsberechtigten BewohnerInnen wie Asylberechtigte zu übernehmen! - Siehe Fußnote zu „Artikel 7 Integrationsvereinbarung“

Streng genommen müsste der Staat die vollen Ausbildungskosten dem Herkunftsstaat erstatten wie dies etwa Edward Bellamy bereits 1888 in seiner berühmten Utopie „Ein Rückblick aus dem Jahre 2000 auf das Jahr 1887“ dargestellt hat. Menschen, die oft Ihr Hab und Gut verloren haben, auch noch für Folgekosten der Flucht zur Kasse zu bieten, ist mehr als nur mies!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Die Kostenbeteiligung ist in eine volle Kostenübernahme umzuwandeln!

§ 15 Meldeverpflichtung

Aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich ist die Begründung der Datenübermittlung der Kursinstitute an den Österreichischen Integrationsfonds, dass damit die Vorlage gefälschter Nachweise verhindert werde. Mit dieser Begründung würde der Sinn derartiger Nachweisdokumente bzw. die informationelle Selbstbestimmung der Menschen untergraben. In weiterer Folge könnten mit dieser Argumentation Daten über alle erdenklichen Nachweise auf Vorrat an alle in Frage kommenden behördlichen Stellen übermittelt werden.

§ 16 Integrationsförderung

Obwohl die Erläuterungen mehrmals von „Integration als beidseitigem“ Prozess spricht, ist die Integrationsförderung nur als unverbindliche kann-Verpflichtung vorgesehen.

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Umwandlung in ein klar definiertes Recht, das auch einklagbar ist!

§ 17 ExpertInnenrat

Mit einer Demokratie unvereinbar ist es, dass der Außenminister sich seinen ExpertInnenbeirat ohne jegliche Vorgaben nach eigenem Belieben wie der Sonnenkönig von Frankreich selbst zusammen stellen kann.

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Mindestens 2/3 der ExpertInnen sind von geeigneten und zu nennenden fachlichen Institutionen, wie z.B. die RektorInnenkonferenz, zu entsenden, um auch eine wissenschaftliche Unabhängigkeit zu gewährleisten! Insbesondere sind auch ExpertInnen mit Migrations- oder Fluchterfahrung zu bevorzugen!

§ 19 Integrationsbeirat

Schlichtwegs inakzeptabel ist es, dass im „Integrationsbeirat“ die angeblich zu „integrierenden“ Menschen über keinerlei Vertretung verfügen und so stimmlos gemacht werden, als würde der Begriff „Integration“ doch „Unterwerfung“ bedeuten. Entsprechend internationalen Übereinkommen wie der ILO Empfehlung 202 über den sozialen Basisschutz sind ausreichend BetroffenenselbstvertreterInnen vorzusehen. Diese sollten entsprechend der Drittelparität des ehemaligen Universitätsorganisationsgesetzes vertreten sein, damit ein halbwegs demokratisches Mitspracherecht gewährleistet ist. Die VertreterInnen der „Hilfsindustrie“ und Kursindustrie ersetzen keinesfalls BetroffenenselbstvertreterInnen!

Praktisch alle Bevölkerungsgruppen verfügen über eigenen Vertretungen, nur AsylwerberInnen und Aslyberechtigte (ebenso wie Erwerbsarbeitslose) nicht!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Einrichtung einer unabhängigen Betroffenenselbstorganisation als demokratisch organisierte öffentliche Körperschaft die mit möglichst weit gehenden Mitspracherechten auszustatten ist und mit 1% der Mittel des „Integrationsbudget“ finanziert werden soll!

Die Sitzungen des Integrationsbeirates sollen im Sinne echter Demokratie öffentlich sein, im Internet übertragen und archiviert werden, die Ergebnisprotokolle sind ebenfalls zu veröffentlichen.

§ 21 Integrationsmonitoring

Abgesehen vom zweifelhaften Integrationsbegriff bedarf es für die Zusammenführung öffentlich verfügbarer statistischer Daten keiner Rechtsgrundlage! Bezeichnend ist jedenfalls, dass die Zahl der NotstandhilfebezieherInnen und MindestsicherungsbezieherInnen als Maßzahl für die „Integration“ herangezogen werden, aber nicht Statistiken über das Beschäftigungsverhalten von Unternehmen, die ja oft rechtswidrigerweise Menschen aufgrund deren Herkunft oder gar Alter diskriminieren! Auch hier wird eine versteckte Täter-Opfer-Umkehr betrieben und keinesfalls Integration als „beidseitiger Prozess“ praktiziert!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Die Kriterien und die Ergebnisse des „Integrationsmonitoring“ sind amtswegig so rasch wie möglich zu veröffentlichen!

§ 23 Verstöße gegen die Integrationsvereinbarung

Die schwarze Pädagogik durch „Überwachen und Strafen“ lehnen wir grundsätzlich ab. Bezeichnend ist es auch, dass die Gefängnisstrafen als Ersatzstrafen ungleich gewichtet sind und tendenziell die einfachen Delikte und damit auch die Schwächeren härter treffen:

Tatbestand

Strafe

Betroffene

(1) Module nicht rechtzeitig abgelegt

Bis zu 2 Wochen für 500 Euro
= 250 Euro/Woche

Asylberechtigte

(2) Prüfung für andere gemacht

Bis zu 6 Wochen für 2500 Euro
= 416 Euro/Woche

Vermutlich andere Asylberechtigte die eher das Wissen haben

(3) Verwendung nicht erlaubter Hilfsmittel

Bis zu 1.000 oder 2 Wochen
= 500 Euro/Woche

Asylberechtigte

(4) Ausstellen eines Nachweises

Bis zu 5.000 Euro oder 3 Wochen
= 1.667 Euro/Woche

Kursanbieter = Unternehmen

Anmerkung: Die Verwendung nicht erlaubter Hilfsmittel zu bestrafen ist im normalen Schulunterricht auch kein Straftatbestand, sondern führt nur zur Ungültigerklärung der Prüfung und somit zur Wiederholung!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Abschaffung der Strafen nach Absatz 1 und 3. Stattdessen als Startpaket einen Integrationsbonus in der Höhe von 2.000 Euro.

Artikel 2: Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz

§ 1 Zielbestimmungen

Verbote fördern eben nicht die Integration, weil von vorneherein jene Menschen, die an ihren Traditionen festhalten durch Strafandrohungen desintegriert werden! So sehr Integration als „gesamtgesellschaftlicher Prozess“ gesehen werden kann, so ist eben nicht dessen Gelingen dessen „von der Mitwirkung aller in Österreich lebenden Menschen“ abhängig. Die Regierung hat in einer Demokratie keinesfalls das Recht, die „Mitwirkung aller in Österreich lebenden Menschen“ bei der „Integration“ anzuordnen! Auch nicht zu bestimmen, was „Integration“ sein soll und dass Menschen sich zu „integrieren“ haben! Ebenso bleibt die „persönliche Interaktion“ in einer Demokratie Privatsache. Eine Pflicht zur Kommunikation für Privatpersonen kann es in einer Demokratie natürlich nicht geben, das Risiko der Kommunikation oder Nichtkommunikation trägst sowieso jeder Mensch selbst.

In den Erläuterungen wird die „öffentliche Ordnung“ unter Zitierung eines offensichtlich aus dem Jahre 1948 (!!!) oder früher stammenden – und im RIS nicht auffindbaren !!! – Verfassungsgerichtshofurteils als „die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Zusammenleben der Menschen angesehen wird“ (VwSlg 543 A/1948).“ Ein Rückgriff auf eine derart schwammige Formulierung, die noch aus der unmittelbaren Nachkriegszeit stammt, in der noch eine extrem patriachale „Ordnung“ in Österreich herrschte mutet im Jahre 2017 mehr als antiquiert an.

Im Zeitalter von (Un)Social Media ist es geradezu antiquiert zu behaupten, Kommunikation sei nur möglich, wenn der/die GesprächspartnerIn das volle Gesicht der GesprächspartnerIn sehen würde. Geradezu absurd und autoritär ist es wenn dann noch die „Gesichtsverhüllung“ als Gefährdung eines „friedlichen Zusammenlebens“ dargestellt wird! Auch hier wieder die alte Täter-Opfer-Umkehr: Wer anderen Menschen alles vorschreiben will, gefährdet den Frieden, und nicht jene, die ihr eigenes Leben leben wollen! Dieser Passus deutet auf einen Herrschaftsanspruch hin, der die Gleichschaltung aller Menschen beabsichtigt. Der Begriff „Integration“ wird hier im Sinne von Unterwerfung verwendet und ist daher inakzeptabel!

§ 2 Strafandrohungen

Der Verein „Aktive Arbeitslose Österreich“ schließt sich der breiten Kritik an diesem zutiefst schikanösen, rassistischen und verfassungswidrigen Gesetzes an. Wie aus dem Entstehungszusammenhang eindeutig erkennbar, handelt es sich um eine rein diskriminierende Regelung die gegen eine ganz bestimmte Religionsgemeinschaft, den Islam, gerichtet ist. Daher ist dieses Gesetz eindeutig gemäß dem Antidiskriminierungsverbot nach Artikel 14 Europäischer Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie gemäß Meinungs- und Glaubensfreiheit nach Artikel 10 EMRK verfassungswidrig!

Zudem verletzt der Gesetzesentwurf zahlreiche andere Menschenrechtskonventionen, so auch die als Bundesgesetz veröffentlichte „Internationale Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung“ (BGBl. Nr. 377/1972). Und selbstverständlich widerspricht dieses Gesetzesentwurf dem Europarecht und dem vom EuGH erst vor kurzem veröffentlichten Urteil zum Kopftuchverbot in Betrieben (C‑157/15), wonach alle Regelungen, die einseitig bestimmte Religionsgemeinschaften treffen, andere aber nicht, als religiöse Diskriminierung gegen die Europäische Rechtsordnung verstoßen. Aktive Arbeitslose Österreich schließen sich daher den Stellungnahmen von epicenter.works und Klagsverband an!

Besonders absurd ist die Ausweitung der „öffentlichen Orte“ durch die Regierungsvorlage auch auf private Verkehrsunternehmen, womit in die Unternehmerfreiheit unzulässiger Weise eingegriffen wird und sogar tolerante Unternehmen vom Staat gezwungen werden, das zutiefst schikanöse Verhüllungsverbot umzusetzen, womit die ebenfalls im Verfassungsrang stehende Erwerbsfreiheit eingeschränkt wird!

Absurder Weise wird in den Erläuterungen der Regierungsvorlage dieser „öffentliche Raum“ noch weiter auf Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, alle Arten von Geschäftslokalen ausgeweitet – also selbst auf Geschäftslokale und Einrichtungen, die von Menschen islamischen Glaubens selbst betrieben werden! – und sogar auf Kinos und Kultureinrichtungen, womit die Regierung auch die Kunstfreiheit beschneiden würde! Woher nimmt diese Regierung das Recht derart massiv in private Räume einzugreifen und privaten Betreibern Kleidungsvorschriften für deren KundInnen mit aller Gewalt aufzuzwingen!

Die Ausnahmebestimmungen sind insofern absurd, als nur künstlerische, kulturelle oder traditionelle Veranstaltungen sowie Sportausübung, Gesundheitsschutz und Berufsausübung ausgenommen werden, aber nicht politische Veranstaltungen und individuelle Meinungsäußerungen die nach Artikel 10 EMRK geschützt sind!

Das Verhüllungsverbot ist unsachlich, weil weder aus einer Verhüllung eindeutig auf religiösen Extremismus geschlossen werden kann noch aus einer Nichtverhüllung auf keinen religiösen Extremismus! Wer sich verhüllt, schadet sich schlimmstenfalls nur selbst, aber niemanden anderen!

Das „Verhüllungsverbot“ ist unwirksam. Mit diesem schikanösen Verbot werden „bestenfalls“ extremistische Strömungen erst recht gefördert, weil diese sich dann als vom Staat verfolgte Minderheit medienwirksam inszenieren können! Der Staat zeigt dadurch seine völlige Inkompetenz, weil er dann Menschen zwingt völlig sinnlos andere Menschen zu verfolgen und einen unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand hat, den dann alle SteuerzahlerInnen zahlen müssen!

Wie das Verbot nationalsozialistischer Uniformen durch die austrofaschistische Diktatur recht eindrucksvoll gezeigt hat, wirken Verbote von äußeren Symbolen bzw. Symptomen nicht im Geringsten!

Eine offene Aufklärung, die im Sinne der Aufklärung alle Menschen zum kritischen Gebrauch des eigenen Verstandes ermuntert ist da wohl Erfolg versprechender und sinnvoller!

Laut Arbeitsprogramm 2017/2018 der Regierung hat der Staat „weltanschaulich und religiös neutral aufzutreten“. Durch die Anlassgesetzgebung des Verhüllungsverbotes verletzt der Staat genau diese Neutralität!

Solange Kreuze in Schulen hängen und erst recht in Gerichtssälen, hat der Staat keinerlei Recht, anderen Religionsgemeinschaften auch nur irgendetwas vorzuschreiben. Die aufgehängte Kreuze verletzen nicht nur das auch im Update des Regierungsprogramm festgeschriebenen Neutralitätsgebot und letztlich die Verfassung, sondern ist auch als Blasphemie zu werten: Der Begründer des Christentums hat nicht nur die Trennung von Staat und Religion gefordert („Gebt Gott was Gottes ist, und dem Kaiser was des Kaisers ist“ – Matthäus 22:21) sondern hat auch das Bildnisverbot bestärkt. Der Staat maßt sich also an, sich ungefragt in religiöse Angelegenheiten einzumischen und zu bestimmen, was der jeweilige Gott wolle oder nicht. Jede aufgeklärte und selbstbewußte ChristIn und jeder vernunftbegabte Mensch wird sich durch diese staatliche Anmaßung missbraucht und beleidigt fühlen!

In diesem Sinne gehört auch der StGB § 188 „Herabwürdigung religiöser Lehren“, der selbst eine blasphemische Einmischung in religiöse Angelegenheiten darstellt, endlich abgeschafft, zumal durch den Straftatbestand der Verhetzung nach § 283 StGB wie durch Antidiskriminierungsgesetze auch Religionsgemeinschaften ausreichend geschützt sind – aber nicht Gruppen mit speziellen sozialen Stand oder sonstige Gruppen wie Erwerbsarbeitslose nach Artikel 14 EMRK! – und keiner Sondergesetzgebung mehr bedürfen!

Aktive Arbeitslose Österreich fordern: Ersatzlose Streichung des durch und durch rassistischen Antigesichtsverhüllungsgesetzes!

Artikel 4 – 6: Änderung der Asyl- und Fremdengesetze

Hier können wir nur allgemein anmerken, dass die beständigen Verschlechterungen dieser Gesetze auch eine Verletzung von Artikel 6 EMRK darstellen, weil durch die permanenten Gesetzesänderungen die Vorhersehbarkeit des Rechtes nicht mehr gewährleistet ist, sodass mensch sich in diesem juristischen Irrgarten nicht mehr auskennt.

Artikel 7: Änderung der Straßenverkehrsordnung 1960

Gegen die gesetzliche Regelung wäre an sich nichts zu sagen, aber die Erläuterung deutet darauf hin, dass eine anlassbezogene, rechtswidrige Erläuterung erwünscht ist: Es „sollen etwa Verteilaktionen, deren Zweck gegen die öffentliche Ordnung und Sicherheit gerichtet ist, wie beispielsweise zum Zweck der Verbreitung radikalen Gedankengutes, unterbunden werden“. Das bezieht sich offenbar auf die von den Rechtsextremismus nahe stehenden Politiker angegriffenen Aktionen, bei denen der Koran verteilt worden ist. Diese Aktionen sind aber sowohl durch die Religionsfreiheit nach Artikel 9 EMRK und der Informationsfreiheit nach Artikel 10 EMRK verfassungsmässig geschützt und bedürfen auch keiner Genehmigung!

Wir weisen die zunehmend verfassungs- und menschenrechtsfeindlichen Tendenzen dieser Regierung aufs Schärfste zurück und lehnen den Umbau Österreichs in einen Polizeistaat ab!

Fazit

Das Beharren des Außenministers auf den verfassungs- und menschenrechtswidrigen Novellen trotz der zahlreichen fundierten kritischen Stellungnahmen aus der Zivilgesellschaft deutet auf massiv autoritäre Tendenz der für den Gesetzesentwurf verantwortlichen Menschen hin. Aktive Arbeitslose Österreich fordert daher die völlige Neuüberarbeitung des Regierungsentwurfes und stellt klar, dass diese Gesetzesänderungen – so wie leider viele andere auch – nicht in unserem Namen beschlossen und exekutiert werden dürfen!

Demokratie ist nämlich NICHT die Diktatur der Mehrheitsparteien, die aufgrund sinkender Wahlbeteiligungen und steigender Anzahl der nicht wahlberechtigten Menschen nur noch rund 30 % der Bevölkerung „repräsentiert“. Die Menschenrechte als Grundlage der Demokratie sind unveräußerbar und dürfen uns von keiner Regierung auf der Welt geraubt werden!

Mit basisgewerkschaftlichen Grüßen

Mag. Ing. Martin Mair
Obmann „Aktive Arbeitslose Österreich“

Karin Rausch
Kassierin „Aktive Arbeitslose Österreich“

1 UN Menschenrechtserklärung 1948, Artikel 23 [BGBl 120/1956],
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Artikel 6 [BGBl 590/1978],
ILO Konvention 122 [BGBl 1972/355],
Europäische Sozialcharta, Artikel 1 [BGBl. III Nr. 113/2011],
Europäische Grundrechtecharta, Artikel 14 [Amtsblatt der EU Nr. C 130]

2 Rainer Eppel, Martina Fink, Helmut Mahringer, Die Wirkung zentraler Interventionen des AMS im Prozess der Vermittlung von Arbeitslosen. Wien, 2016
http://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=59029&mime_type=application/pdf

3 Siehe Z.B. Anne Ames: Ursachen und Auswirkungen von Sanktionen nach § 31 SBG II
www.aktive-arbeitslose.at/download/ames_anne_sanktionen.pdf

4 Siehe z.B.: Weniger gebildet, viel sanktioniert: Die alltägliche Hartz-IV-Willkür http://www.swr.de/report/forscher-der-bundesarbeitsagentur-empfehlen-entschaerfung-von-hartz-iv-sanktionen/-/id=233454/did=18395036/nid=233454/117k7g/index.html
Artikel zum Forschungsbericht: Wenig gebildet, viel sanktioniert? http://www.iab.de/389/section.aspx/Publikation/k160218301

5 Artikel 26 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (BGBl. 120/1956)
Artikel 13 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (BGBl. Nr. 590/1978)
Artikel 14 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2000/C 364/01)
Artikel 10 Europäische Sozialcharta (BGBl. III Nr. 112/2011)

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