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Vorschläge für den Nationale Aktionsplan Menschenrechte (NAP) in Österreich

Aktive Arbeits… am Mo., 17.11.2014 - 12:10

In Ergänzung zum den Vorschlägen der „Initiative menschenrechte. Jetzt.“ stellt der Verein „Aktive Arbeitslose Österreich“ folgende Forderungen:

Partizipation:

Diese hat sich nicht auf bloß unverbindliche „Konsultationen“ zu beschränken, sondern muß entsprechend dem von uns mitgetragenen Forderungskatalog der österreichischen Arbeitsloseninitiativen wie es sich für eine demokratische Gesellschaft gehört echte, kooperative Mitbestimmung umfassen.

Es ist eine gleichrangige Partizipation für alle zivilgesellschaftlichen Initiativen sicher zu stellen. Das heraus picken von ein paar der Regierung genehmer Organisationen und das agieren hinter verschlossener Türen von „Steuergruppen“ ist auf jeden Fall zu unterlassen.

Insbesondere ist auch beim Zugang zu finanziellen und anderen Ressourcen die Gleichbehandlung sicher zu stellen. Der Gleichheitssatz und rechtsstaatliche Standards sind daher grundsätzlich auch auf den Bereich der Förderung anzuwenden. Jede Förderung daher aufgrund transparenter, gesetzlicher Regeln per Bescheid zu gewähren und dem „freien Ermessen“ auf pseudoprivatrechtlicher Basis zu entziehen.

Zu den inhaltlichen Themen entsprechend der Allgemeinen Menschenrechtserklärung, wobei wir uns vorrangig auf Fragen beschränken, die in unserem Tätigkeitsbereich als Basisgewerkschaft Erwerbsloser Menschen liegen.

Zu Artikel 8:

„Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.“

Der Zugang zum Recht für Armutsbetroffene, die sich keinen Anwalt leisten können, endlich sicher zu stellen: In erster Instanz und bei der Behörde selbst gibt es nämlich KEINE Verfahrenshilfe, und beim Verwaltungsgerichthof/Verfassungsgerichtshof, wo es dann Verfahrenshilfe gibt, gibt es ein Neuerungsverbot. Dieses verhindert, dass nun das, was aufgrund der nicht vorhanden anwaltlichen Unterstützung nicht eingebracht werden konnte, nun eingebracht werden kann.

Kurze Berufungs- bzw. Beschwerdefristen von oft nur 2 oder 4 Wochen verunmöglichen gerade von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffenen Menschen, die tagtäglich um ihr Überleben kämpfen, Rechtsmittel wie Berufungen zu ergreifen. Hingegen behält sich der Staat z.B. satte 5 Jahre Zeit um eigene Fehler zu erkennen und Rückforderungen beim AMS-Bezug zu stellen. Hier ist Chancengleichheit herzustellen!

Grundsätzlich verweigert der Staat systematisch wichtige Informationen. Auch bei unbestimmten Gesetzen wie bei der Mindestsicherung werden die Durchführungsanweisungen und -handbücher der Behörden nicht veröffentlicht. Für uns „Rechtsunterworfene“ ist es daher extrem schwer, unsere konkreten Recht überhaupt zu erfahren oder durchzusetzen.

Im Falle von (systematischen) Rechtsverletzungen ist es für Betroffen kaum möglich, die dafür verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und Schadensersatz zu erhalten. Das Amtshaftungsgesetz und zivilrechtliche Schadensersatzansprüche sind daher entsprechend zu reformieren!

Zur Artikel 17:

  1. Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben.
  2. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.

Arbeitslosengeld und die Notstandhilfe sind laut Verfassungsgerichtshof vermögenswertes Rechte. Die Sanktionen sowie die Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe verletzen diese Rechte und sind abzuschaffen.

Ebenso verletzt die Pflicht zur „Vermögensverwertung“ bei der Mindestsicherung dieses Recht, da in der Regel niemand sich in jene Notlage begibt, die ein Ansuchen um Mindestsicherung notwendig macht. Insbesondere ist der versteckte Regress durch Eintragung in das Grundbuch abzuschaffen, erst Recht der offene Regress in der Steiermark und durch die Pflicht auf das Einklagen von Unterhaltsleistungen bei der eigenen Familie.

Auch der Zugriff des Staates auf Eigentum von Menschen, die Pflege bedürfen, deren Ursache sie sich ja auch nicht selbst ausgesucht haben, trifft Menschen mit geringem Vermögen unverhältnismäßig und ist daher durch eine sozial gestaffelte Pflegeversicherung abzuschaffen.

Zu Artikel 22:

„Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuß der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.“

Das Abhängig machen des Bezugs von Sozialleistungen und Versicherungsleistung von immer mehr Voraussetzungen und immer mehr Pflichten („Konditionalisierung „) und die massive strukturelle Gewalt durch die Existenz bedrohenden Sanktionenregime sind abzulehnen. Die Auswirkungen dieser repressiven Politik auf die Rechtsunterworfenen sind auf jeden Fall durch unabhängige Studien unter Einbeziehung der Betroffen offen zu legen.

Wir fordern daher ein sanktionenfreies AMS sowie eine Arbeitslosen- und Sozialanwaltschaft sowie die demokratische Mitbestimmung von Betroffenenselbstorganisationen (Arbeitsloseninitiativen beim AMS) in den Aufsichtsgremien der Sozialversicherungen.

Hier verweisen wir auf die ILO Empfehlung 202, die die Einbeziehung von Betroffenen von der Planung über die Umsetzung bis zur Evaluierung fordert (insbesondere im Ergänzungsvorschlag des UN Menschenrechtskommissars):

Gerade durch das neoliberale Aktivierungs- und Arbeitszwangregime werden Menschenrechte für die unteren Gesellschaftsschichten de facto abgeschafft. Eine kritische Auseinandersetzung und Beseitigung diese Regimes sind daher für uns unbedingt notwendig. Gerade jetzt, wo mit der Abschaffung der befristeten Invaliditätspension der geradezu mörderische Gehalt dieses Regimes für uns sichtbar wird!

Zur Artikel 23

  1. Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
  2. Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
  3. Jeder, der arbeitet, hat das Recht gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
  4. Jeder hat das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

     

Wie die bereits die UNO festgestellt, verletzt das Sanktionenregime bei AMS und Mindestsicherung dieses grundlegende Menschenrecht und ist daher abzuschaffen. Gleiches gilt für das Sanktionenregime beim Rehabilitationsgeld und dem Umschulungsgeld.

Entsprechend ILO 122 ist endlich gesetzlich sicher zu stellen, dass „jeder Arbeitnehmer alle Möglichkeiten hat, die notwendige Befähigung für eine ihm zusagende Beschäftigung zu erwerben und seine Fertigkeiten und Anlagen bei dieser Beschäftigung zu verwenden, und zwar ohne Rücksicht auf Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Glaubensbekenntnis, politische Meinung, nationale Abstammung oder soziale Herkunft.“

Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 12 Euro die Stunde ist einzuführen und die vorhandene Erwerbsarbeit durch eine Arbeitszeitverkürzung auf 25 Stunden bei vollem Lohnausgleich für untere und mittlere Einkommen gerechter auf alle aufzuteilen, wobei TeilzeitarbeiterInnen Recht auf Beibehaltung ihrer Wochenstunden, die unter 25 Stunden liegen, haben!

AsylwerberInnen ist das Recht auf frei gewählte Arbeit ebenfalls sicher zu stellen!

Zur Artikel 25:

  1. Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.
  2. Mütter und Kinder haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche, genießen den gleichen sozialen Schutz.

     

Die Sanktionenregime (siehe oben) bei Sozialleistungen und Arbeitslosenversicherung/Invaliditätspension verletzen diese Rechte und sind daher abzuschaffen!
Die Ausgleichszulage und die Mindestsicherung sind auf die Höhe des Referenzbudgets, das sich an den echten Lebenskosten orientiert, rasch anzuheben!

Zu Artikel 26:

  1. Jeder hat das Recht auf Bildung.
    Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.
  2. Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.
    3. Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.

Die in diesem Artikel aufgestellten Kriterien haben auch für AMS-Schulungen und Schulungen bei der Invaliditätspension zu gelten. Gerade Menschen ohne Berufsschutz ist bei der Rehabilitation das Recht auf frei gewählte (Um)Schulung sicher zu stellen!

Das Recht, versäumte Bildungsabschlüsse nachzuholen ist für alle in Österreich lebenden Menschen sicher zu stellen!

Im übrigen verweisen wir hin auf unsere Stellungnahme zur ersten „Universellen Menschenrechtsprüfung Österreichs“ sowie den Schattenbericht zur Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte und den Empfehlungen der Vereinten Nationen.

Mit freundlichen Grüssen

Mag. Ing. Martin Mair
Obmann „Aktive Arbeitslose Österreich“

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