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Wohlwollen alleine ist zu wenig - offener Brief an "Mensch und Arbeit" Diözese Linz

Aktiver Admin am Mi., 20.05.2015 - 14:39
Angaben zum Brief

Sehr geehrte Frau Lydia Seemayer,

Danke für Ihren Kommentar "Wohlwollen statt Schuldzuweisung" (http://www.bdv.at/2015/05/kommentar-wohlwollen-statt-schuldzuweisung), der gut gemeint ist, aber uns ein bisschen zu wenig ist.

Alleine der Satz - falls er von Ihnen stammt und nicht vom bdv - "Ab einer gewissen Prozentzahl an Arbeitslosigkeit kann sich eine Gesellschaft nicht mehr auf individuelle Schuldzuweisungen beschränken." ist ziemlich schräg, denn wer legt die Schwelle fest und warum soll unter einer gewissen Prozentschwelle die individuelle Schuldzuschreibung legitim sein, wenn diese Schuldzuschreibung doch an sich Unrecht ist?

Fängt bei der Katholischen Kirche die Sünde auch erst an, wenn ein gewisser Prozentsatz diese Sünde begeht?

Das Menschenrecht auf frei gewählte Arbeit gilt nämlich für alle Menschen. Österreich hat sich hierzu in 5 internationalen Übereinkommen verpflichtet:

  • UN Menschenrechtserklärung 1948, Artikel 23 [BGBl 120/1956]
  • Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte („WSK-Pakt“), Artikel 6 [BGBl 590/1978]
  • Europäische Sozialcharta [BGBl 1969/460]
  • Europäische Grundrechtecharta, Artikel 15 [Amtsblatt der EU Nr. C 130]
  • ILO Konvention 122 [BGBl 1972/355] (hier ist es am ausführlichsten beschrieben!), ILO 39, ILO 105 (Abschaffung der Zwangsarbeit)

Bei der Gelegenheit würden wir gerne wissen, warum die Arbeitslosenbewegung bislang noch keine echte Unterstützung durch die Katholische Kirche erfahren hat. Insbesondere im Kampf gegen das grundlegende Unrecht durch die massive strukturelle Gewalt durch das menschenechtswidrige Sanktionenregime (permanente Androhung durch existenzgefährdende / existenzvernichtende Bezugssperren, die willkürlich auf reinen Verdacht hin verhängt werden!), das mitten unter uns Ihren Brüdern und Schwestern angetan wird. Uns ist diesbezüglich bisher leider noch keine Stellungnahme der Kirche aufgefallen.]

Das ist doch mit dem Leben und der Lehre von Jesus von Nazareth völlig unvereinbar, zu so einem grundlegenden Unrecht zu schweigen! Wir verstehen die Untätigkeit der Kirchen in Österreich nicht im Geringsten, weil dieses Sanktionenregime ein ganz wesentliches Element der Herrschaft des Götzen Mammon (= Kapital & Staat) ist! Wenn Sie lobenswerterweise die allgemeine Kapitalismuskritik von Papst Franziskus auch auf Transparenten zitieren ("Diese Wirtschaft tötet" - https://www.facebook.com/pages/mensch-arbeit/224916957524283), warum treten Sie nicht mit gleicher Vehemenz gegen die konkrete Gewalt hier und jetzt in Österreich durch das Sanktionenregime ein? Pro Jahr werden in Österreich über 100.000 Bezugssperren verhängt, viele rechtswidrig, die Zahl der auf reinen Verdacht verhängten „vorläufigen Bezugseinstellungen“ ist sogar wesentlich höher!

Im Sozialwort der Kirchen Österreichs wird dieses grundlegende Gewaltregime mit KEINEM Wort direkt angesprochen! Auch beim Aufguss, Sozialwort 10+ nicht!

Infos zum Thema Sanktionen finden Sie unter:

Zumindest in Deutschland und Großbritannien haben es Teile der Kirche geschafft, sich unmissverständlich auf die Seite der Unterdrückten zu stellen und neben schönen Worten auch konkrete politische Kampagnen zu starten! (kleine Auswahl der Meldungen hierzu!)

Anmerkung: Im Gegensatz zu Österreich sind im Hartz-IV-Deutschland Sanktionen nicht immer sofort zu 100%, sondern abgestuft (dafür länger). Österreichs Sanktionenregime ist - und zwar schon seit Jahrzehnten! - härter als das in Deutschland!

In Österreich gehört leider die Caritas nach wie vor zu jenen, die an der Unterdrückung von Erwerbsarbeitslosen mitwirken.

(Weitere Fälle der Caritas - dieses Mal in Wien - befinden sich noch in Arbeit!)

Es würde uns daher freuen, wenn „Mensch und Arbeit“ bzw. die Diözese Linz sich unserem Kampf um die Rechte und die Würde aller Menschen anschließen würden.

Es gibt immer wieder Aktionen / Kampagnen, die von allen Menschen & Organisationen guten Willens unterstützt werden dürfen. Gerne unterstützen wir auch von anderen initiierte Aktionen und Kampagnen.

Einen kleinen Überblick über unsere aktuellen Aktionen finden Sie unter:

http://www.aktive-arbeitslose.at/aktionen

Mit basisgewerkschaftlichen Grüßen

Ing. Mag. Martin Mair
Obmann „Aktive Arbeitslose Österreich“

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