Sorry, you need to enable JavaScript to visit this website.

Hinweis zu E-Mail-Anfrage: Aus technischen Gründen und aus Gründen des Datenschutzes und der Netzpolitik bitte Google und gmx meiden! Weitere Infos

Ein "Zwischenspurt" reicht nicht – Schluss mit entwürdigenden AMS-Zwangsmaßnahmen!

Aktive Arbeits… am Di., 02.08.2011 - 00:08

Regierung versucht Arbeitsrecht auszuhebeln. AKTIVE ARBEITSLOSE fordern Schluss mit den oft rechtwidrigen und entwürdigenden AMS-Zwangsmaßnahmen "Arbeitstraining" und "gemeinnützige Personalüberlasser"

(Wien, 2.8.2011) In der Presseaussendung vom 1.8.2011 erweckt die Arbeiterkammer unter dem Titel "AK fordert ‚Zwischenspurt’ auf dem Arbeitsmarkt" die im Arbeitsmarktförderungsgesetz als Ziel festgeschriebene Vollbeschäftigung sei bereits in Griffweite und es müssten nur ein paar kleine Änderungen in der ebenfalls im Gesetz festgeschriebenen "Arbeitsmarktpolitik" gemacht werden.

Geschönte Statistiken

Dem ist leider nicht so, denn auch die 263.000 in der offiziellen Arbeitslosenstatistik aufscheinenden Arbeitslosen sind für eine "Vollbeschäftigung" viel zu viele und es noch um 40.000 mehr als vor der aktuellen Krise. Außerdem sind mehr als die Hälfte der Arbeitslosen nach wie vor dauerhaft vom "Arbeitsmarkt" ausgeschlossen.

Wie eine 2007 im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich erstellten Studie des WIFO feststellt, ist die reale Arbeitslosenrate mindestens um 55% höher als die von der Regierung verkündete. In den vergangenen Jahren ist auch stets die Zahl der prekär arbeitenden Menschen gestiegen, von denen viele eine sichere und besser bezahlte Arbeit suchen.

Gerade bei den "Maßnahmen" für ältere ArbeitnehmerInnen ist große Vorsicht geboten, denn viele dieser AMS-Zwangsmaßnahmen werden von den Betroffenen Menschen als dequalifizierend und demütigend empfunden und dienen so wie das "Pensionsleasing" bei den besonders umstrittenen "gemeinnützigen Personalüberlassern" anscheinend oft nur dazu, die Menschen aus der Arbeitslosenstatistik hinauszudrängen und die Bemessungsgrundlage für die Pensionen zu verringern.

Undemokratische Politik über die Köpfe der Betroffenen hinweg

Demokratiepolitisch bedenklich ist, dass im Sozialministerium eine hinter verschlossenen Türen arbeitende "Sozialpartner" über die Köpfe der betroffenen Menschen hinweg neue AMS-Zwangsmaßnahmen für ältere Arbeit suchende ArbeitnehmerInnen aushecken. Laut einem der Tageszeitung "Die Presse" zugespielten "Zwischenbericht" (Artikel dazu am 3.5.2011) sollen gar "Arbeitstrainings" und "gemeinnützige Personalüberlasser" weiter forciert werden. Arbeiterkammer und ÖGB verweigerten nähere Informationen zu der Arbeitsgruppe, das Sozialministerium wollte nicht einmal die TeilnehmerInnen der "Arbeitsgruppe" nennen, obwohl es laut Auskunftspflichtgesetz sehr wohl Rechenschaft geben muss. Auch sonst werden regelmäßig die Betroffenen ArbeitnehmerInnen nicht gefragt, was gut für sie ist, und von oben herab mit planwirtschaftlich organisierten Zwangsmassnahmen konfrontiert.

Hartz IV auf österreichisch: Arbeitstrainings und gemeinnützige Personalüberlasser

Bei "Arbeitstrainings" wird kein regulärer Lohn sondern nur der AMS-Bezug weiter gezahlt und dient laut Verwaltungsgerichtshof " im Sinne systematischer Arbeitsübungen zur Verbesserung der Arbeitshaltung und zur Steigerung der Arbeitsbelastbarkeit von Personen im Hinblick auf deren Berufseingliederung" (VwGH 92/08/0216 Rechtssatz 4) und wären begründungspflichtig. In der Praxis wird oft unter Androhung des Existenzentzuges ohne Begründung zugewiesen und mitunter handelt es sich dann dabei oft nur um schlecht qualifizierte Gratisarbeit für gewinnorientierte Betriebe.

Beim Volkshilfeprojekt "integra" in Wien beispielsweise haben Arbeitslose beispielsweise 2 Monate Zeit zum Bezug des Arbeitslosengeldes den Umgang mit einer Müllpresse kennen zu lernen und werden gezwungen in Form eines vorgeblichen "Transitarbeitsverhältnisse" weitere 6 Monate auf Kosten der Versichertengemeinschaft Gratisarbeit für die Gemeinde Wien zu machen. Unter dem Deckmantel der "Green Jobs" wird in letzter Zeit vermehrt versucht bei "sozialökonomischen Betrieben" sogar Facharbeiter zwangsweise als Hilfsarbeiter die billige Drecksarbeit machen zu lassen.

Zwangsleiharbeit: Regierung versucht Arbeitsrecht auszuhebeln!

Bei den "gemeinnützigen Personalüberlassern" wird ebenfalls in der Regel ohne Begründung zugewiesen, obwohl dort via "Transitarbeitskräfteregelung" der Leiharbeitskollektivvertrag, der ja Voraussetzung für die "Zumutbarkeit" von Leiharbeit an sich war, umgangen wird. Weiters hat die Regierung listigerweise im "Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz" festgeschrieben, dass gemeinnützige Personalüberlasser von den Paragrafen 10 bis 16a des Arbeitskräfteüberlassergesetzes (AÜG), wo die Rechte und der Schutz der ArbeitnehmerInnen geregelt ist, ausgenommen werden sollen. Laut EU Leiharbeits-Richtlinie soll dies nach Anhörung der Sozialpartner im Rahmen eines "von öffentlichen Stellen geförderten beruflichen Ausbildungs-, Eingliederungs- und Umschulungsprogramms" möglich sein.

Die von der EU forcierte Schaffung von ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse ist verfassungsrechtlich sehr fragwürdig, weil staatliche Förderungen keinen Ausschluss von ArbeitnehmerInnenrechten sachlich begründen können. Der Staat schlüpft so in eine sklavenhalterähnliche Rolle und setzt BürgerInnenrechte außer Kraft. AMS-Zuweisungen unter Sperrdrohung werden dadurch noch fragwürdiger, weil es sich nun doch nicht um reguläre Arbeitsverhältnisse handelt, obwohl das AMS dies immer wieder behauptet und eine Begründung für diese AMS-Maßnahmen verweigert.

Warum schweigen AK und Gewerkschaften zur Entrechtung der ArbeitnehmerInnen?

Kritische Stellungnahmen seitens Arbeiterkammer und Gewerkschaften, geschweige denn öffentliche Kampfmaßnahmen gegen diese von der Politik forcierte Entrechtung Arbeit suchender ArbeitnehmerInnen ist uns leider nicht bekannt. Vielleicht hat das damit zu tun, dass das der AK und den Gewerkschaften gehörende bfi größter AMS-Schulungsträger ist und viele der "gemeinnützigen Personalüberlasser" in Wien als SPÖ-nahe gesehen werden können (itworks, jobtransfer, flexwork) und die Funktionäre vom perteipolitischen bzw. sozialpartnerschaftlichen Proporzsystem im AMS profitieren?

Schluss mit der neoliberalen Politik gegen die ArbeitnehmerInnen!

Unter dem verheissungsvollen Deckmantel der "Arbeitsmarktintegration" wird durch diese AMS-Zwangsprogramme den Betroffenen – die angeblich "Vermittlungsdefizite" hätten – die Schuld zugewiesen und nicht der Wirtschaft, die zur Steigerung der Gewinne einiger weniger immer mehr Jobs wegrationalisiert und sich dann im Rahmen von menschenrechtswidrigen AMS-Zwangsprogrammen noch prekäre und entrechtete Arbeitsplätze auf Kosten der ArbeitnehmerInnen fördern lässt. Der "zweite Arbeitsplatz" wird so immer mehr zur Endstation entrechteter Menschen, die unter der Peitsche der "aktivierenden Arbeitsmarktpolitik" im Dienste ausbeuterischer Unternehmen billig schuften sollen und weiter gedemütigt werden.

Der Verein AKTIVE ARBEITSLOSE fordert daher Schluss mit dieser neoliberalen Politik der Entrechtung der ArbeitnehmerInnen und verlangt von Arbeiterkammer und Gewerkschaften, dass diese endlich den Kuschelkurs mit der neoliberalen "ordentlichen Beschäftigungspolitik" beenden und sich voll und ganz auf Seiten der entrechteten Menschen stellen. Schließlich geht es um die Rechte aller ArbeitnehmerInnen. Der Druck auf die Lohnarbeitslosen dient dazu, auf jene Menschen, die noch reguläre Arbeitsverhältnisse haben, Druck auszuüben damit diese immer schlechtere Arbeitsbedingungen und eine immer schlechtere Bezahlung in Kauf nehmen. Die Politik der Entsicherung und Verängstigung zerstört letzten Endes die Grundfesten von Demokratie und Menschenrechte in Österreich.

AKTIVE ARBEITSLOSE appellieren an Arbeiterkammer und Gewerkschaften: Stellen Sie sich endlich einer ehrlichen Diskussion! Sagen Sie den Menschen offen, was sie wirklich erwartet, wenn sie lohnarbeitslos werden. Obwohl die ArbeitnehmerInnen jahrelang ihren Solidarbeitrag eingezahlt haben werden sie im Falle der Arbeitslosigkeit ungeniert fallen gelassen und sind vogelfrei und sogar ohne jene Rechte, die noch alle anderen ArbeitnehmerInnen haben.

Die seit den 80er Jahren kontinuierlich steigende Zahl der Lohnarbeitslosen und prekär arbeitenden Menschen ist kein zwischenzeitlicher Systemfehler, der rasch behoben werden kann, sondern gehört zum Ziel des neoliberalen/kapitalistischen Wirtschaftssystem. Die Ursachen bekämpfen und nicht bloß Auswirkungen lindern, sollte daher die eigentliche Aufgabe von Arbeiterkammer und Gewerkschaften sein, und zwar demokratisch mit den Betroffenen!

Weitere Informationen:

Hintergrund zum Verteilungskampf "der Wirtschaft" gegen die ArbeitnehmerInnen:

Schlagworte
Ortsbezug