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4. Menschenrechte

Aktiver Admin am Fr., 25.12.2015 - 00:43

Weil das Gesetz sowohl in der Rechtssetzung als auch in der Rechtsprechung doch nicht „objektiv“ ist und mehr die politischen Verhältnisse widerspiegelt, beziehen wir uns mehr auf die politische bzw. philosophische Idee der Menschenrechte. In Österreich sind diese bis auf die in Verfassungsrang stehende „Europäische Menschenrechtskonvention“ nicht einklagbar. Sie sind für uns daher eher Argumentationshilfe und Analyserahmen.

Unser erster Anlauf war die erste „Universelle Menschenrechtsprüfung“ Österreichs vor der UNO („Universal Periodic Review“ - UPR), von der wir spät erfahren hatten. Zur Mitarbeit am Bericht der Plattform „Menschenrechte jetzt!“ 8 hatte es nicht mehr gereicht, weshalb wir binnen zwei Wochen einen vierseitigen Einzelbericht nieder geschrieben und ins Englische übersetzt haben. Leider hat das nicht gereicht, dass beim Hearing Österreichs, das mehr ein Blitzlicht der verschiedenen Regierungsvertreter war, auch nur ein Anliegen der Arbeitslosen zu Wort kam und daher auch nicht in den „Empfehlungen“ an Österreich aufscheint. Aber wir haben uns erstmals auf internationaler Ebene artikuliert!

Ernüchternd: „Menschenrechte jetzt!“ hat es trotz einer Pressekonferenz im renommierten Presseclub Concordia zu fast keiner Beachtung in den Medien gebracht.

Einen zweiten Anlauf bot uns die 4. Staatenprüfung Österreich über die Umsetzung der „sozialen Menschenrechte“. Hier waren wir von Anfang beim „Forum WSK-Rechte“ dabei und haben reichlich zum „Parallelbericht“ beigetragen 9. Wir waren als Teil der von FIAN organisierten NGO-Delegation vor Ort in Genf, wo wir sowohl im offiziellen NGO-Hearing der UNO als auch in einem zusätzlich organisierten „Lunch-Briefing“ zu Wort kamen und konnten dort dem Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) auch die Statistiken zur Entwicklung der Sanktionen präsentieren.

Es war geradezu eine Freude für uns, als das gut vorbereitete Komitee die rund 20-köpfige Regierungsdelegation mit kritischen Fragen zwickte, auf welche die hochbezahlten BeamtInnen trotz mitgeschleppter Papierberge nicht vorbereitet waren. Zu den Sanktionen meinte eine Vertreterin des Sozialministeriums, diese seien das allerletzte Mittel und es gäbe strenge Regeln die durch die Gerichte festgelegt seien. Umso erfreulicher war, dass die UNO erstmals die Einschränkung des Rechts auf freie Berufswahl durch Bezugssperren sowie die Umstände der Verhängung von Bezugssperren kritisierte und einen regelmäßigen und offenen Dialog mit den Langzeitarbeitslosen forderte. Die Mindestsicherung hat die UNO ebenfalls kritisiert, weil sie zu niedrig sei und zu große Zugangshürden habe 10.

Freilich, auch darüber berichteten die Medien wieder fast nichts.

Nachher hatten wir ein aha-Erlebnis, als die FIAN sich recht verschnupft über unsere Presseaussendung zeigte, in der wir Sozialminister Rudolf Hundstorfer „Menschenrechtsverletzer ersten Grades“ 11 bezeichnet hatten, weil er das „neoliberale Aktivierungs- und Arbeitszwangregime“ durch Mindestsicherung und Abschaffung der befristeten Invaliditätspension vollendet hatte. Fazit: Vorsicht im Umgang mit großen NGOs, die von durch Staat und EU finanzierten Projekten abhängen.

Möglicherweise hat Genf wundersames in der Politik bewirkt: Im Kapitel „Entbürokratisierung und Entlastung“ des neuen Regierungsprogramms lesen wir gleich nach dem Kapitel „Vereinfachungen im Arbeitslosenversicherungsrecht“ auf Seite 19: „Beratung statt Strafe: Grundsatz: Strafen als letztes Mittel im Verwaltungshandeln, Toleranzschwellen werden vorgesehen, Kontrollen erfolgen in angemessener Form.“ 12

Nächstes Ziel ist die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte“ 13 in Wien wo wir uns auch Arbeitsloseninitiativen aus anderen Ländern als „Vertretung“ anbieten wollen. Die Internationale Arbeitsagentur (International Labour Organization – ILO) in Genf steht auf unserem Speiseplan, hat diese doch auf der 101. Sitzung im Jahre 2012 unter dem Titel „Promotion of and respect for rights and dignity: a briefing note“ 14 eine Argumentationshilfe zur Einforderung der Mitsprache geliefert. Und natürlich beharren wir auch auf die Umsetzung der ILO-Konvention 122 („Über die Beschäftigungspolitik“) 15 wo nicht nur das Recht auf frei gewählte, volle, möglichst produktive und zusagende Arbeit festgeschrieben ist, sondern auch die Anhörung von VertreterInnen der von der Arbeitsmarktpolitik betroffenen Gruppen.


12 Arbeitsprogramm der Regierung: http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=53264