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>>Das Drama der Osmose und anderes<< (338. Denkarium)

Gedankenexport am Fr., 20.04.2018 - 10:29

Inhalt:

Der dramaturgische Denker

Dann betrat ich einen Raum

Mir mal schnell notiert...

Ende meiner Kritikwelle

The Big Lie

Eine spirituelle Läuterung

Sinnsuche bei der „Ent“-forschung

Themenverfehlung

Osmose steht für die Kraft des Durchdringens,

wenn das „Opfer“ durchlässig und löchrig genug ist, ausreichend porös, membranisch, permeabel, tonoplastisch, also „undicht“... das kann wiederum einvernehmlich im beiderseitigen Interesse geschehen, oder einnehmend, gewaltsam... In den biologischen Zellen gibt es so genannte Datenspeicher, Informationsarchive. Man nennt solch, in der Zelle eingelagerte Leeräume, Vakuolen, die vom übrigen Zellenplasma durch eine selektivpermeable Membran, eine Art Qualitätsfilter, Tonoplast genannt, getrennt sind. Schluss:  

Der kleinste Baustein in uns und in der gesamten Natur ist das Genie!

Erkennt man nicht immer an den Myriaden von organisierten Zellen, die sich dann vernunftbegabtes Wesen, sogar „Homo Sapiens“ nennen...


Der dramaturgische Denker.

Ein „Osmote“, ein Durchdringender, ein Durchreisender...

Oft ein Unbequemer, nicht nur bei den Systembewahrern, auch bei den Frommen und Gläubigen, den Lemmingen und Soldaten im System.

Es gäbe viele Namen für ihn, für sie, für sie alle... Neugierige, Lüfter,  Auf- und Entdecker, Tieftaucher, Gipfelsteiger, Höhlenforscher, Schattengänger, Ergründer, geborene Skeptiker gegenüber Vorgegebenem, lästige, weil notorische Frager: „Warum ist alles so, wie’s ist?“ „Wer nachdenkt, überprüft“ (F. Dürrenmatt). Wer nachdenkt, wer sinniert, erfährt den Sinn, kommt ihm zumindest sehr nahe, beginnt zu sehen, ihm wird offenbart; unsere Rezeptoren sind nur ein Instrument, das dahinter macht das Bild. Ich möchte ein bisserl beim Denken im Allgemeinen verweilen...

Eine gefundene Oase bedeutet noch lange nicht, dass es sie in allen Wüsten geben muss. Die Oase bedingt die Wüste rundum, umgekehrt aber nicht, sie ist somit ein Indikator für eine Wüste, die Wüste aber nicht für Oasen. Das, was das eine bedingt, muss nicht umgekehrt sich gleichermaßen verhalten. Gäbe es um uns nur Urwälder, würden wir wahrscheinlich keine Wüste in Erwägung ziehen. Dasselbe gelte, wären wir beispielsweise in eine Welt geboren, die nur aus Sand und Fels bestünde, also wir nur eine Landschaft kennen, die uns heute als Wüste geläufig ist und nehmen wir an, wir wären körperlich so angepasst, dass wir in ihr existieren könnten, würden wir, weil wir nichts anderes zum Vergleich kennen, niemals auf die Idee kommen, sie abwertend als Einöde oder unwirtlich oder lebensfeindlich zu bezeichnen, sie wäre für uns gegebene Natur. Keine Definition Berg ohne die fürs Tal. Niederungen brauchen als Begrifflichkeit die Höhen. Ja, ja, gilt für Nacht und Tag, Hitze und Kälte, Regenzeit und Dürre.

Unterschied macht Denken und Denken ist ein Lernen, Lernen ist ständiges Informationen sammeln, speichern, darüber nachdenken und vordenken. Denken ist Bewusstseinsarbeit, ist Vergleichen, Schlussfolgern, nach Gesetzmäßigkeiten suchen und finden, Ausnahme und Regel als Einheit erfassen können, Thesen und Diagnosen erstellen, Prognosen sich zutrauen, etc.; aber Denken wäre ohne vorhandenem Denkstimulus, die Diversität, die eben alles differenziert, nicht existent. Es ist ganz und gar nicht widersprüchlich, wenn es heißt, man erfährt sich im Du erst selbst, wie den anderen. In der Beziehung mit dem Außen erhält die Bindung zu unserem Inneren erst ihre, uns als Spezies ausmachende Qualität, das Selbstbewusstsein. Kurzer Stopp! Das Denken ist ja auch „nur“ so eine Mechanik, ein perfekter Autopilot, eine reflexive Reaktionsmaschine, ein neurobiologisch biochemischer Rechner bzw. Prozessor, oder so in der Art. Die essenzielle Frage ist, wer lässt denken? Das Ich? Wer ist das Ich? Ist es die Seele, die wir meinen, die unser Infozentrum, den Neokortex als die dritte und höchste Stufe unseres triadischen Gehirns, benutzt?

Denken wir das Leben oder macht das Leben erst Denken? Entspringt das Leben einer Vorstellung, oder ist die Imagination das eigentliche Leben? Egal. Wir leisten, wie vorhin gesagt, unaufhörliche Bewusstseinsarbeit, der man sich ja kaum zu verwehren vermag. Und einmal bewusst, gibt es kein zurück, wie Peter Sloterdijk warnt: „Stets ein wenig unruhig und reizbar blickt das mitmachende Bewusstsein nach verlorenen Naivitäten um sich, in die es kein Zurück mehr gibt, weil Bewusstmachungen irreversibel sind.“

Das menschliche Leben, ohne gewohnte, gesellschaftliche Strukturen und kulturelle Prägungen, fände im freien, emotionalen Wechselspiel statt, manche würden es ausgeliefert sein nennen. Wir befänden uns in einer Art Encountergruppe, in einer unstrukturierten Selbsterfahrungsgruppe, die Viktor Frankl seinerzeit begründete. Keine Spielregeln, keine Spielchen. Doch, wir würden staunen, wie schnell wir wieder Regeln aufzubauen versuchen, nachdem wir die Eingangsphasen Irritation, Lage sondieren, Orientierung, Rückzug, Isolation und Trotz, stumme Machtspiele der besseren Nerven und die rivalisierenden Autoritäten überwunden haben. Wie auch immer; das Leben ist, so sehe ich es, in sich selbst dramaturgisch veranlagt, doch nicht ausschließlich ein rühriges Drama... okay, nur für den Part, der im Spiel „Fressen-und-gefressen-werden“ die Rolle des Gefressenen ausgefasst hat.  

Die Dramaturgie beschreibt die Ausdrucksform einer auf Rollen verteilte Handlung oder Geschichte, die sich alle um ein Drama im Kern bewegen, um durch Herausarbeitung rollenspezifisch charakterlicher Beweggründe dem Akt eine dramaturgische, eine pathetische Note zu geben, eine zu uns durchzudringen befähigte Botschaft. Und schon wieder wird’s osmotisch. Sie ist eine persönlich inszenierte Belangsendung an anonyme Empfänger. Die Geschichte ist das Drama, wie sie erzählt wird die Dramaturgie. Ich glaube, ich beginne, sie im Laufe meiner "plagiatverdächtigen Dissertation" überhaupt so richtig zu begreifen. Der Dramaturg bedarf unumstößlich einer genauen Kenntnis über das behandelte Thema; dabei geht es meiner Meinung nach weniger um die akribische Recherche nach und in gegebene Details, als über die alles erklärenden Zusammenhänge. Das Erkennen der Realität findet erst im Wahrnehmen ihrer Komplexität statt. Andernfalls wäre es Täuschung und Selbstbetrug, apropos: Wer komplexe Wirklichkeit leugnet, gibt sich gern objektiv und bezichtigt die Problembewussten der Wirklichkeitsflucht und der Träumerei.“ (P. Sloterdijk)

Die Sezierung des dramaturgischen Geistes und seine Auswüchse – eine unblutige Odyssee, doch von überall erklingt Sirenengeheul...

Der „wilde“, der amateurhafte so wie der wortwörtlich berufene Dramaturg gewissermaßen müssen über eine entsprechende Denkart – nennen wir sie doch ruhig dramaturgisch - verfügen. Aus all den hier nur angedeuteten, exemplarischen Erkenntnissen lassen sich bereits wunderbar Dramaturgien aller Sparten formen. Sicherlich weiß all das der wissende und interessierte Leser... trotzdem erlaube ich mir fortzufahren und mich in diese Denkstruktur als laiendramaturgischer Analytiker zu vertiefen, dabei übermütige Vergleiche und gewagte Theorien aufzustellen. Doch einmal noch, etwas später, komme ich auf das Wissen über die Dramaturgie zurück. 

Der dramaturgische Geist funktioniert in seiner Art wie ein „Osmotikum“, das die, sein Interesse geweckte Materie zu durchdringen vermag, um beim Aussendungstitel gleich wieder anzuknüpfen. Diese Art Denker besitzt diese Eigenschaft, sich fast überall durch zu bewegen, dabei die Eindrücke seiner „Durchreise“ gedanklich zu protokollieren, quasi ein Logbuch zu führen, um später vielleicht einen dramaturgisch verarbeiteten Reiseroman zu verfassen. Reich an Kapitel und Akten und notwendigen Intermezzi. Diese feinstoffliche, investigative Kraft ist weder am Rande des Geschehens, noch mitten drin verankert. Sie streift wie der einzelgängerische Wolf, der aus freiem Willen sein Rudel verließ, durch urbane, kulturelle Landschaften, scannt sie und interpretiert ihren Charakter.    

Dramaturgisches Denken ist für mich keineswegs eine theatralische, eine komödiantische, eine melodramatische Geistesaktivität, noch eine kortikale Übung, eine Gedankengymnastik aus einsamer Langeweile. Auch nicht in sportlichem Übereifer die Erfolg versprechende Bewältigung des intellektuellen Fitnessparcours in irgendeinem Quiz. Diese Denkqualität begnügt sich nicht mit der vordergründigen Erhaltung der geistigen Vitalität, sie will mehr sein, eine Aufgabe mit einem Ziel, egal ob selber oder fremd gesteckt!

Es ist einfach da, ist von Anfang an da, und du kannst dich dem nicht entziehen. Annehmen und damit arbeiten! Es ist das schonungslose Interesse an Allem, nämlich an allem was dahinter ist. Der Denkdramaturg hasst Denkschablonen und Klischees; er lässt sich zwar vom gewaltigen Gemälde beeindrucken, aber nicht bedingungslos fesseln. Er ist es nämlich, der den ungeschickten, den unbeabsichtigten Pinselstrich am Gemälde entdeckt. In der expressionistischen Aussage, die wir alle als allgemeingültige Botschaft sehen sollen, einen Widersinn bemerkt. Etwas Skurriles, Groteskes, Kurioses. Ihm vielleicht eine unbeabsichtigte Ironie im Gesamtwerk auffällt. 

Feine Misstöne dringen eher zum hoch sensiblen Ohr des dramaturgischen Denkers - ja, ist schon gut, auch Denkerin gemeint - durch, weil es seiner, aus wissenschaftlichem Interesse neugierigen Natur entspricht. Somit Disharmonien ihn aufhorchen lassen, gerade weil er den Wohlklang liebt, die sinnliche Ausgewogenheit allgemein schätzt. Es ist genau dieser Hang zur universellen Ästhetik, sein Tick, seine Marotte, sein Faible, der seine Sinne unaufhörlich schärft. Dahingehend ist es nicht so selten, dass solche Menschen über ein absolutes Gehör verfügen. Der falsche Halbton im Akkord löst in ihm einen fast unangenehmen, elektrischen Impuls aus. Leise, fast unhörbare Zwischentöne geben für ihn mehr Informationen preis, als der uns einvernehmende Sound.

Er entdeckt die winzig kleine dunkle Wolke am strahlend blauen Himmel. Er traut dem vordergründigen Frieden, dieser unschuldigen Stille, dieser fast schon zu perfekten Harmonie nicht... er riecht den Krieg dahinter aufziehen... er misstraut sogar seinem inneren Frieden, der durchaus eine Selbsttäuschung, die sprichwörtliche Ruhe vorm Sturm sein kann... und er weiß es... er ist begabter Autoanalytiker und Selbstbeobachter.

Der dramaturgische Denker sucht nach der Regel, dem Prinzip, der Gesetzmäßigkeit im komplexen System, die nämlich nirgends vollkommen auf Punkt und Beistrich niedergeschrieben ist und sein kann. Die zwangsläufig „schlampige Hausordnung“ schützt insgeheim und äußerst sorgsam seine Grauzonen, gewissermaßen seine Niemandsareale, seine Vakuolen, die Leerräume. Diese neutralen Zonen, quasi allseits begehrte Zollfreizonen, bieten sich wunderbar als Exile, als Fluchtmöglichkeiten, als die „Leos“ an, die wir als Kinder beim Fangen spielen so liebten. Ihm ist die Ideologie hinterm System erst in zweiter Linie wichtig, erstrangig, das Regelwerk zu erkunden, mit all seinen Ausnahmen. Um die vorgegebene, die drohend laut und mächtig verkündete „Ordnung“ auf Widersprüchlichkeiten abzuklopfen, seine Widersinnigkeiten aufzudecken, die oft nicht im Ursächlichen des Systems liegen, sondern primär Sache der Interpretation der Systemverwalter, sprich Politiker, sind.

Der Strukturentüftler erforscht das Spannungsfeld zwischen Regelverhalten und gegebener Verhaltensregel, allein schon, weil die Regel die Ausnahme herausfordert. In dieser Art Provokation liegt seine behavioristische Arbeit, Verhaltensphänomene aufzuzeigen – Gehorsam wie Widerstand -, aber es nicht unbedingt dabei zu belassen, sondern, die erkannten Ursachen aber auch möglichen Lösungen dramaturgisch herauszuarbeiten. Dabei fördert er nicht nur vernünftige Überlegungen zu Tage, das Rationale, auch die Emotionen und den Affekt, das Irrationale müssen ihren naturgegebenen Platz darin haben.

Der Denkdramaturg seziert wie ein Pathologe tote Materie, um über den Verbleib des entwichenen Lebens zu sinnieren. Er sucht in allen möglichen Geschichten die wahre Geschichte, zumindest eine plausible, die hier nicht begann, aber hier endete. Er öffnet den Leib und stiert nach Spuren, nach Hinweisen. Tritt wieder zurück und betrachtet die Vergänglichkeit, vor der sich keine Schöpfung drücken kann, als läge in der Art, wie man abtritt, ein Erkennungsmerkmal, ein Schlüssel, die einzig wahre Botschaft, die letzte Seite des Buches, der letzte Satz im Epilog. Oder gab es diese Schlüsselstelle gleich am Anfang? Spielt sich das Leben zwischen zwei identischen Kernaussagen ab? Als gäbe dir jemand einen Schlüssel, damit du die Tür zu deinem Leben öffnen kannst und ihn wieder bei der Tür abgibst, die dich wieder hinausführt? Nur, wenn du hier am Seziertisch liegst, gibt es kein Zurück mehr. Wenn das Schiff den Heimathafen verlässt, ist es dem freien Spiel der maritimen Kräfte überlassen und nicht nur Geschick und Erfahrung lassen es den fremden Hafen ansteuern, sondern auch Glück, die „Gewogenheit der Götter“. Wenn die Revolution im Gange ist, kannst du sie nicht mehr abdrehen! 

Die dramaturgisch gesteuerte Denkspezies bewegt sich geschützt in einer Art Todeszone, ein Ort des Übergangs, der Transzendenz, in dem man im Moment durchaus noch lebendig sein kann, aber bei zu langem Verbleiben dem Tode, dem Übertritt, dem Wechsel geweiht ist. Auch hier gibt es Regeln, eine Ordnung, Gebote und Verbote, einen Leitfaden, einen Fahrplan, eine Etikette. Er nimmt immer wieder gern für eine bestimmte Zeit die Gegenseite herrschender Meinungen ein, die erwartet werden, die man aus angepasster Artigkeit angenommen hat, aber er tut es nicht aus kindlichem Trotz, aus spielerischer Provokation, nein, er tut es, um beispielsweise das gerade im Gang seiende Schachspiel als Ganzes zu verstehen, das bei der Eröffnung nach kriegerischer Interaktion zwischen den beiden Parteien verlangt. Um das Schachbrett herum ist die Todeszone, da liegen sie, die ermatteten Figuren, sie erzählen die gerade passierte Geschichte. Im Abfall erkennst du das Wesen des Konsumenten, in der vielleicht manchmal gedankenlos verbalisierten Beiläufigkeit den Charakter hinterm eloquenten Redner.         

Es heißt nicht, dass ein Dramaturg keine Meinung hat, auch er fühlt sich zu gewissen Ideologien und Utopien hingezogen und entwickelt dabei durchaus Leidenschaften. Bis zu einem bestimmten Grad! Er ist somit genauso gefährdet, in die Befangenheit zu schlittern, wenn auch nur für einen kurzen Moment, weil er sich aber schleunigst wieder hoch zu rappeln vermag. Um zurückzuschauen, um die Ursache noch erhaschen zu können, was ihn ins Dilemma führte. Der dramaturgische Denker ist der, der die Imagination von ideologisierten Systemen schon in diesem noch theoretischen Zustand zu zerlegen versucht, der bereits die Skizze noch vor dem geplanten Ausstellungsmodell penibel untersucht. Wie ein Fischer die Maschen seines gerade neu gewobenen Netzes begutachtet und darüber  sinniert, bevor er es in die See wirft, wonach ihm lediglich die Hoffnung auf den gewünschten Fang bleibt.     

Er neigt auf keinem Fall zum Fanatiker, zum Eiferer, zum Fundamentalisten, schon gar nicht zum Lemming oder Soldaten irgendeiner Ideologie; auch wenn er freiwillig sich wo angeschlossen hat, bleibt er immer in geistiger Distanz dazu. Er lässt sich schnell von etwas begeistern, schaut aber gründlich und genau hin und kann sich ebenso schnell wieder entgeistern. Er findet den, für ihn fast unerträglichen Widerspruch bereits in der Entwurfsphase des Manifests, weil es schon während dem „Rohbau“ fachliche und emotionale Divergenzen gibt. Er findet und amüsiert sich, schlimmsten Falls mokiert sich am noch so gut versteckten Oxymoron, das oft gut getarnte Gegensatzpaar im geläufigen Wortgebrauch. 

Wenn die Masse sich über etwas das Maul zerreißt, dann ist er es, der versucht, ihre Meinung dahinter zu zerreißen. Wenn man ihm Illusionen verkaufen möchte, reagiert er mit beinharter Realität. Wenn jemand ihm die Realität als unveränderbar verkaufen will, dann antwortet er mit durchaus plausiblen Imaginationen und Utopien. Eingefahrene geistige Muster zur Klischeepflege sind ihm ein Ekel und Gräuel, so erfindet er phantasievoll gestrickte Gegenklischees. Langsam gewachsene Traditionen und Weisheiten, wie die der Bergbauern beispielsweise, welche heute erstaunlicherweise in bescheidener Zahl noch existieren, achtet er wohl.

Apropos Klischees, Dorfklatsch, Stereotypen, eingefahrene Denkmuster. Sind nicht Parteipolitiker gewissermaßen Klischeepolitiker? Wenn ein Parteifunktionär nicht imstande ist, sich ab und an außerhalb „seiner“ Partei zu stellen und über sich und seine Rolle darin zu reflektieren, verhält es sich ähnlich zum leidenschaftlichen Lokomotivführer, der zwar in seinem Beruf zum unschlagbaren Experten und Spezialisten wurde, aber voraussichtlich kaum von der Komplexität eines Verkehrssystems, weniger noch von der Infrastrukturpolitik, schon gar nicht den blassesten Schimmer von Innenpolitik haben wird, aber auch nicht haben muss.

Der dramaturgische Denker ist der, der immer einen Schritt zurückgeht, wie in seinem zuvor geschilderten, pathologischen Verfahren, um das Motiv in einem noch größeren Ganzen zu betrachten, seine Wechselbeziehung, seine Korrelation in der ganz großen Komplexität zu erkennen und sie zu verstehen versuchen. Ihm ist dabei die Fähigkeit inne, Kritik satirisch zu betreiben, gesichtete Realitäten mit Gleichnissen zu umschreiben, liebt er doch die Welt der Metapher abgöttisch. Er fügt wahrgenommene Realitäten zusammen, verpackt sie spielerisch in augenscheinlich unterschiedliche Erzählungen, die am Ende alle an einem roten Faden hängen. Er hängt der Wirklichkeit verschiedene Kostüme um und jagt sie durch sämtliche Szenen unterschiedlicher Drehbücher. Der dramaturgisch Denkende bevorzugt das Relativierende und versucht es in seinen Geschichten herauszuarbeiten. Und so fühle ich mich, als der hier beschriebene Geistesarbeiter. Für mich hat, wie schon gesagt, das Leben etwas Dramaturgisches in sich, das ich ergründen will.

Die Dramaturgie wie die Philosophie ist eine Naturwissenschaft!

Meine Meinung! Myriaden von winzig kleinen, hoch intelligenten Bausteinen haben sich zu einem Wesen wie dem unsrigen organisiert und einen immens aktiven Geist hervorgebracht, der durch die Instrumentalisierung des herausgebildeten Körpers sagenhaft kreativ sein kann; im Zerstören wie im Behüten. Doch am Ende kam dieser Geist aus der Natur, weil, die Conclusio, eben der Geist feinstofflicher Grundbaustein der Natur ist. Das wussten schon lang meine hoch geschätzten Rothäute drüben. Und wenn man in ihre Mythologie, ihre mystische, pathetische Welt eindringt, dann erfährt man auch von ihrer Überzeugung, dass das Leben hier auf Mutter Erde „dramatisch“ gestaltet ist, wir die Rollen hier unten uns sogar selbst gewählt haben.

Die Dramaturgie beschreibt, wie gesagt, „nur“ den Klang, den Sound, die Pinselführung, die Art und Weise, wie wir sie spielen, sie interpretieren und aktionistisch umsetzen. Das Drama des abenteuerlichen Lebens ist, dass wir auf eine Stehgreifbühne geschoben werden und kaum über die Rollen der anderen Bescheid wissen. Der dramaturgische Denker aber gibt sich mit all dem nicht zufrieden und erkundet die noch dunklen Gründe dahinter. Er sucht das verstaubte Buch, die Fibel der Ewigkeit, und weiß, wenn er sie fände, vermute er noch das viel ältere Manuskript dazu und die noch ungeahnten, vorangegangenen Notizen... von irgendjemand...    

So liefere ich gern aus freien Stücken Anschauungsmaterial fürs Fach „autonomes Denken“, die Grundlage dramaturgischen Denkens. Dabei ergeben sich quasi Exkursionen, Art Praktika, Denkworkshops... trage gern zur Bewusstseinsarbeit bei, nur lernen zwecks Bewusstseinserweiterung muss jeder für sich selbst wollen. Wenn ich damit zutue, dass immer mehr Leute eigenes Anschauungsmaterial mitbringen und wir uns alle über unsere „denkwürdigen“ Mitbringsel geistig auseinandersetzen, es dadurch immer mehr zu einem Gemeinschaftsprojekt „ausartet“, dann braucht es irgendwann mal den dramaturgischen Vordenker nicht mehr. Aber ganz so sicher bin ich mir da auch wieder nicht.

Meine grundfeste, unerschütterliche Ansicht ist, dass der Mensch sein System ist, das größere im kleineren, als Individuum darstellt, es verkörpert, es ausdrückt und sich das „System Mensch“ nur dann ändern kann, wenn der Mensch sich ändert, wenn er bereit ist, das bereits verinnerlichte System des „Homo Faber“ zu kippen, wenn er aufhört daran stümperhaft zu feilen, es zu bearbeiten, es zu reparieren und korrigieren versucht, wenn er aufhört, daran erfolglos herumzupfuschen. Wenn der Mensch das noch imaginierte, ihm utopisch scheinende System, die Software „Homo Sapiens“ sich endlich herunterladet und den noch raubtiernahen Homo Faber löscht. Der Mensch schuf sich diese Ordnung und in dieser Ordnung werden wieder neue Menschen geschaffen. So bleiben wir in einem, im Wesentlichen unveränderten System, in einer noch immer elitären Gesellschaftsordnung. Ich nehme mir mal die Ordnung schlechthin par exemple vor, gleich als erstes im übernächsten Kapitel. Doch zuvor unbedingt noch eine Korrektur, denn dieser Artikel könnte zu Recht als arrogant gewertet werden:

Ich bin kein Philosoph, aber denke über Philosophien. Ich bin kein Religiöser, aber denke über Religionen. Ich bin kein Mystiker, aber denke über Mystik und Mythologien. Ich bin kein Politiker, aber denke über Politik. Ich bin kein Wissenschaftler, aber denke über Wissenschaften und ihren interdisziplinären Synapsen. Ich bin weder Heiler, noch Therapeut, denke aber über Heilungsmethoden und Therapieformen nach, über ihre systemische Relevanz und überprüfbaren Erfolg. Ich bin kein Ethnologe, doch mag ich die Diversität an Kulturen und denke vergleichend über sie und suche nach Kongruenzen, Kompatibilitäten, nach Gemeinsamkeiten für eine friedliche Koexistenz. Ich bin kein Moralist, aber denke über Moral und Moralaposteln nach und stelle an uns alle schon gewisse ethische Ansprüche. Ich bin kein Tischlermeister, arbeite aber gerne improvisatorisch mit Holz. Ich bin kein Hochleistungssportprofi, aber betrieb lange Zeit leidenschaftlich asiatischen Kampfsport.

Ehrlich gesagt, ich sehe mich auch nicht als Dramaturg, aber ich denke dramaturgisch. Ein vages Beispiel: Der Countertenor brilliert nicht nur mit einer erwarteten Tenorstimme, er kann uns mit Sopran bis Alt überraschen – seine Expertise liegt nicht nur in einer Stimmlage, sondern im Umfang. So bin ich kein Experte in irgendwas, aber entdecke immer noch neue Talente in mir, wie die universelle Gabe zur Improvisation und den Hang zum interdisziplinären Autodidakten.


Dann betrat ich einen Raum

Nein, nicht als „Dramaturg“, sondern als Lally!

Ja, ich bin doch nicht so ein völlig astreiner, so ein typisch dramaturgischer Denker.

Ich fühle mich immer mehr als Lally mit dramaturgischen Denkansätzen. Lallies sind, wenn man sie unbedingt zu definieren versucht, ganz spezielle Typen. Träumer. Traumwanderer. Möglicherweise haben sie die Fähigkeit auch durch andere Träume zu wandeln. Egal. Ich ging in diese Welt und gehe schon seit geraumer Zeit durch sie und auf ihr, dass wir hier als Leben bezeichnen, also durch mein Leben und durch andere Leben, sagen wir, an ihnen vorbei, kreuze sie hin und wieder welche. Sehe mich dabei interessiert um.

Vieles an Wesentlichem geschieht hinter Türen. Im „seelischen Hinterzimmer“, wo „Stoß gespielt“ wird. Viele Türen entdeckte ich schon.  Zwar verwehren sie den schnellen Blick auf das, was sich dahinter tut, ist ja ihre Aufgabe... aber Türen sind doch dazu da, um geöffnet zu werden. Wozu gäbe es Türschnallen! Manche sind auch nur angelehnt. Da ist’s einfach. Da fühlt man sich gleich willkommen geheißen, fast schon eingeladen. Wenn sie versperrt sind, braucht man halt Geduld. Die Räume dahinter sind es, die mich interessieren, vielleicht nur deshalb, weil sie Türen haben.

Es scheint, als suche ich nach etwas. Nach einem Raum, wo ich bleiben möchte? Oder suche ich den Raum, wo ich einst herkam? Ich weiß es nicht. Und ob’s wirklich wichtig ist, es zu wissen, bleibt bislang ungewiss, und ist gewissermaßen gut so. Wichtig ist doch, dass man geht, mit allen Sinnen und verfügbaren Extremitäten, so lange man es kann. Bis man endgültig durch eine Tür ins Freie geht...

Da ging ich in einen der Räume und sah nur Menschen mit ernsten Gesichtern und fragte, warum sie so ernst sind. Sie sagten mir, sie haben Angst, durch Lachen an Ernsthaftigkeit zu verlieren. Ich ging wieder raus, denn ich wollte mit justament aufkommender Blödelideen nicht stören. 

So ging ich in einen anderen Raum und sah nur Menschen, die fortwährend lachten und grinsten und fragte, warum sie so lustig sind. Ich fand heraus, dass sie Angst haben, durch Ernsthaftigkeit an Fröhlichkeit einzubüßen. Sie folgten irgendeiner festgelegten Verhaltensnorm. Ich verließ sie bald wieder, in mir wurde es auf einmal so pathetisch ernst und ich hätte ihnen am Liebsten von Hunger und Krieg erzählt.  

Ich öffnete die Tür zum nächsten Raum. Da waren Menschen, die sich gegenseitig Gewalt antaten und sich mit Worten erniedrigten. Sich andauernd was anschafften, befehlten, sich drohten, sich gegenseitig etwas wegnahmen, das ging soweit, dass welche anderen die Nahrung aus dem Mund stahlen; ja, man schlug und man tötete sich je nach Belieben. Zuerst weinte man, kurz darauf spottete man und drosch auf jemand ein. Ein heilloses Durcheinander, aus dem Schmerzensschreie, Geheule, gehässiges Lachen und Siegesgegröle drangen. Alle folgten irgendeinem geheimen Codex. Einen von denen fragte ich, ob sie mir erklären könnten, warum sie so sind. Sie hatten Angst, sie könnten Achtung und Respekt voreinander verlieren, wenn sie gütig, wenn sie liebevoll mit einander umgingen. Aus diesem Raum flüchtete ich regelrecht.

Im nächsten Raum fand das Gegenteil statt. Man lobte sich ständig, liebkoste sich andauernd, gab sich ununterbrochen Recht, fütterte sich gegenseitig. Doch mir fiel alsbald ihr leerer Blick auf, ausdruckslos; ihre Stimmen so eigenartig monoton, als wäre man schon der gegenseitigen Zuwendung überdrüssig, gesättigt. Man gibt und lässt es geschehen, eigentlich über sich ergehen, um gleich wieder zu geben. So roboterhaft. Ich fragte einen von ihnen, ob sie all das freiwillig tun, denn ich hatte kurz zuvor erspäht, wie eine Mutter ihr Kleines über den Kopf streichelt, gleichzeitig dessen kleine Hand nimmt und animierend auf ihren Kopf legt. Da sah man mich plötzlich irritiert an und ich entdeckte ein fast schon erbostes Glimmen in ihren Augen; dabei zeigte einer fast drohend auf ein dickes Buch auf einer altarartigen Erhebung. Verflixt, das Wort freiwillig schien hier lästerlich, blasphemisch. Ich verabschiedete mich in wachsender Beklemmung und wandte mich langsam um. Erleichtert schloss ich die Tür hinter mir.

Viele Räume durchstreifte ich schon, fand vieles an Obskuren, Skurrilen, Kuriosen und überhaupt Seltsamen vor. Da ich gut erzogen wurde, benehme ich mich immer nett und grüße höflich und verabschiede mich auch so. Freundlichkeit scheint ein Universalschlüssel zu sein. Auch das gehört vermutlich zum Lally-Charakter. Zuweilen kann es schon passieren, dass Lallies einfach weggehen, ohne etwas zu sagen, weil etwas sie extrem traurig machte. 

Der Große Raum der "Großen Zahl"...   

Dann betrat ich einen Raum und sah mich um. Da wurde ein Lied geträllert, woraus im Refrain das Wort „Internationale“ zu hören war. Eine Gruppe schenkte sich ständig Wein ein. Wo anders taten sich welche gütlich am prall gefüllten Buffet. Ein paar hatten sich zusammengestellt und schwangen rote Fähnchen, auf dem so eine Art Bogenschützensymbol gedruckt war und ich musste beim Anblick plötzlich an Robin Hood denken. Anderswo stand ein Häuflein, Schulter an Schulter gepresst und hielt sich an den weißen dicken Händen fest. Dort wie da Scharen, große, kleine, die emsig miteinander tratschten und sich zunickten. Immer wenn ich wo hinblickte, tat man augenscheinlich sehr geschäftig. Merkwürdig. 

Es schien hier so perfekt. Zu perfekt. Stutzig machte mich auch, dass man mich nicht allzu weit in den Raum ließ, ich nicht zwischen sie durchzudringen vermochte, um hinter sie zu schauen. Ich wollte den Raum ungehindert erkunden. Eine freundlich lächelnde Mauer schob sich vor mich, mit massenweise, zum Schütteln gebotener Hände. Zufällig ergatterte ich einen Blick zwischen den runden Bäuchen und wulstigen Hälsen, gerade, als welche von ihnen paar in Lumpen gekleidete, hagere, leichenblasse Typen eilig nach hinten schubsten.

Hartnäckig, nach mehreren Anläufen, gelang es mir ja doch, eine der Raumbewohnerinnen in unmittelbarer Nähe zu stellen und fragte sie rundheraus, was man, also sie alle hier denn da tun? Überaus freundlich erhielt ich Antwort, aber diese spürbar gespielte Liebenswürdigkeit, die man in jedem zweiten Satz als Freundschaft postulierte, empfand ich als dennoch als kühle Distanz und eine Gänsehaut überlief mich. Ich war verwirrt. Sie erklärte mir, sie seien eine politische Organisation und trachten nach Fairness und Gerechtigkeit. Die hörbar gut gelernten Worte verschwommen bald zu einem Silbenbrei, auf einmal wurde ich so schrecklich müde.

Bevor ich offenen Auges stehend hinweg schlief, wollte ich mit der netten Dame noch schnell über Politik reden, aber plötzlich hatte ich das Gefühl, eine Glaswand hat sich zwischen mir und ihr und den anderen geschoben. Ich versuchte es immer wieder und es schien, als existiere so ein geheimer Codex, der sinngemäß einem Prinzip folgt: „Wir sind politisch organisiert, aber wir reden nicht über Politik.“ Als hätten sie alle Angst, dass es eine Wahrheit von weither gibt, von einem Land, dass sie nicht zu definieren wagen. Eine Wahrheit, die unermüdlich wie die stete Brandung an der sandigen Küste leckt und ihre mühsam nachgebesserten Sandburgen für immer zu zerstören droht. Ich möchte mehr wissen und habe vor, noch einige Zeit in diesem Raum zu bleiben. Als Lally! 

Ja, ich bin ein Lally und Lallies lassen sich nicht so leicht abwimmeln, mit aller ihr zu eigenen Freundlichkeit. Sie kommen und gehen, wann sie es wollen. Wann sie erfahren haben, was sie wissen wollen. Und dann kann es sein, dass sie zu schreiben beginnen, in gebotener Dramaturgie... nehmt es mir nicht allzu übel...       


Mir mal schnell notiert...

...politische Exerzitien im Brainstormingverfahren

Ordnung – Gesetz – Gerechtigkeit...

Gesellschaftsordnung. Manche – oder sind es mehr? – erfährt bei diesem Begriff so ein Gefühl, als rede man über ein Geschwür, das sich gegen den Wirt, den Organismus verschworen zu haben scheint. Man kann aber nicht die Ordnung aus der Gesellschaft schneiden, wie der Chirurg den Tumor. Gesellschaft verlangt ad litteram nach einer Ordnung, einer Regel, einem Verhaltensmodus, einer Struktur, worin sich die örtlich eingefundenen „ICH’s“ ein „WIR-Gefühl“ entwickeln sollen. Den „WIR-Sinn“. Der dann wie von selbst den „IHR-Sinn“ hervorruft – „Wir hier und ihr da drüben!“ Das kann, wie wir wissen, sehr schnell zum blutigen Irrsinn mutieren.

Gesetzliches Recht und Gerechtigkeitsempfinden sind nicht miteinander verknüpft, sowie das individuelle Recht auf Freiheit mit der gesellschaftlich bedingten Sozialmoral. Diese sicherlich höchst herausfordernde Arbeit, diese Faktoren miteinander zu verbinden, ist kein systemisches Paradoxon, solange sie im Prozess bleibt. Es bedarf jedoch engagierter, uneigennütziger Geister. Und so bewegen wir uns und leben im ewigen Kreis der Politik und vermögen „nur“ ihre Art und Weise zu wählen. Die Gemeinschaft bringt die Politik als „Herr und Hüter der Gesetzesordnung“ hervor, die nur der Einzelne auf Tauglichkeit zu prüfen vermag, ausgenommen Politiker – er ist Feedbackempfänger! Wir sehnen uns nach Recht und Ordnung, nach einer umfassenden Rechtsordnung, einer ausgewogenen Legislative; und wollen uns dabei oftmals wieder von ihr lösen, weil sie uns einengt und mangels emotionaler Kompetenz ungerecht empfundene Entscheidungen trifft.

Das Problem scheint diese verflixte Ordnung, zu sein, in der jede und jeder einen anderen Sinn herausbildete und mit Gesellschaftsordnung somit nur seine eigene, persönliche Art der „Haushaltspflege“ versteht. Das Mutterproblem dahinter ist sehr wahrscheinlich mit der Frage begründet, WER Ordnung macht bzw. schafft. WER für die „saubere Gesellschaft“ sorgt. Darum braucht es scheinbar die Politik, nur Politiker haben, wie wir immer wieder erkennen müssen, ihren ganz eigenen Sinn für Ordnung und da liegt der sprichwörtliche Hund begraben... gibt es überhaupt die ideale Politik? Nein! Aber den Weg dorthin!

Die vollkommen gerechte Gesellschaft ist unerreichbar, aber sie verwirklichen zu wollen erstrebenswert. Demokratische Strukturen der Kurs dorthin. Ich sehe nur keine ernsthaften Bemühungen in dieser Richtung. Doch wenn wir von Gesellschaft und Strukturen für ein kooperativ und koexistenziell funktionierendes, somit friedfertiges Zusammenleben reden, kommen wir an einer Ordnung, einem sozialen Regelwerk, nicht vorbei. Vielleicht ist ja die Ordnung nicht das Problem, sondern der Verlust der evolutionären Prozesskraft, der Stillstand in der Entwicklung das eigentliche Problem dahinter. Wir scheinen im gegenwärtigen Weltordnungssystem festgefahren.  

Im Wort liegt eine gewaltige Kraft und auch Gewalt.

Geheimdienste sind nur dann geheim, wenn niemand weiß, dass es sie gibt, nicht mal diese selbst! Geheimnisse werden zwar über Worte weitergegeben aber verlangen nach Schweigen und können deshalb noch mehr anrichten... wie Krieg. Und doch, bei all den gebotenen und verbotenen Geheimhaltungsversuchen, sind und agieren sie wie „Imperium in imperio“ – ein Staat im Staate, also eine Schattenregierung im Reich der Ahnungslosen. Die Grauen hinterm Vorhang... die Zigarrenraucher in Momo... die Ausschwärmer... die Schergen... die Schwadronen... die Ausspionierer... die Saubermacher... die Verfassungsschützer...   

Expressis verbis – ausdrücklich (nur) mit Worten ausgedrückt; noch! Man sagt, bellende Hunde beißen nicht... gut, während dem Bellen ist auch Beißen schwer möglich. Doch: „Je mehr einer dröhnt, desto leichter kommt er ins Drohen.“ Dies Zitat von Axel Corti („Schalldämpfer“) fällt mir umgekehrt dazu ein und ich beziehe mich mal aufs globale Regimekonsortium mit Blick auf Trump. Hingegen „a verbis ad verbera“ könnte die nächste Stufe sein: von Worten zu Schlägen und da manövrieren wir in „si vis pacem para bellum“ – wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor.

Im Krieg geht es nie darum, zu siegen, sondern nur, wer die geringeren Verluste einheimst. Und nur im Vergleich des Verlorenen fühlt sich der eine dann als Sieger erkoren, der andere als Verlierer gedemütigt. Wenn der eine fast alles verliert, während er dem anderen alles genommen hat, sprechen wir immer noch von Sieg, wenn auch vom Pyrrhussieg. Welch grandiose, welch glorreiche Welt! Politik hat immer etwas mit Gewalt zu tun. Gewalt gegen Gewalttätige. Die strukturelle bzw. institutionelle, die behördliche Gewalt, weil sie indifferent ist. Mitunter körperliche Gewalt gegen nicht Gewalttätige, weil sie nicht mittun wollen, weil sie anders sind, weil sie unnütz sind... Apropos Krieg, er ist noch lang nicht besiegt:

https://www.solidarwerkstatt.at/frieden-neutralitaet/kein-3-ostfeldzug

Vermögenszuwachsmethode aus der Retrospektive:

Weshalb es zum Kaperkrieg der Brandenburger kam? Es ging um die gewaltsame Einlösung ausbleibender Subsidiärzahlungen (subsidiär – provisorisch unterstützend, konkret für Subventionen im vorangegangenen Nordischen Krieg). Für mich immer wieder erstaunlich, die Kreativität in Sachen Gewalt und Raub, wie Machthaber ihre Eigentumsvermehrung fantasiereich bis kunstvoll rechtfertigen. Der freien Piraterie, Enterwesen und Kaperei stand die Freibeuterei und staatliche Plünderung als harte Konkurrenz gegenüber. Das eine rein privat-räuberisch und höchst riskant, das andere im staatlichen bzw. königlichen Auftrag und „geschützt“:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nordischer_Krieg_%281674%E2%80%931679%29

https://de.wikipedia.org/wiki/Brandenburgischer_Kaperkrieg

https://de.wikipedia.org/wiki/Kaperei

Im Frieden werden der Mörder und der Dieb bestraft, im Krieg sind beide legitim, bisweilen gar heroisiert. Die Relativitätshypothese zum Thema des vorigen Absatzes. Der wiederum wurde ausgelöst wieder einmal von meinem verkappten, väterlichen Geschichtsprofessor, der mir in einem lockeren Rückblick in die europäische Vergangenheit - wir suchten die Zeitspannen und passende Jahrhunderte der Napoleonischen Kriege und des 30jährigen Krieges - plötzlich die Frage stellte, ob ich von den Kaperkriegen wüsste? Nein! Sicherlich versunken und vergessen in der Dichte unserer Geschichtsschreibung im damit voll gepfropften Geschichtsunterricht.

Analysen und Statements zu Regierungsformen und ihr Ist-Zustand.

Die Diktatur repräsentiert sich durch einen elitär gebündelten (Bündel- fascio – Faschismus) Machtapparat. Abzulehnen! Könnte sich aber langsam mit vielen Tricks in Österreich wieder zuspitzen. Aber nichts spräche gegen ein so genanntes Bündel aller Linken, alias Linkes Bündnis, das schon mal Grüne mit sozialistischem Hintergrund angesprochen haben, mit der berechtigten Frage: „Warum treten wir nicht als Linkspopulisten auf?“

Der elitäre Kapitalismus ist das herrschende System, egal, welche ideologischen Blüten darin aufgingen. Zum Beispiel: Die russische Wandlung. Vom totalitären Zarensystem zur Einparteiendiktatur und weiter zur Einparteienoligarchie. Die Strukturen blieben, auch wenn die Verteilung gemeinschaftlich erwirtschafteter Güter schon etwas humaner ist.

Die Demokratie der Gehorsamen. Denen eine dörfliche Sentimentalität bis hin zur nostalgischen Melodramatik gestattet ist. Geortetes, deutschnationalistisch archiviertes Gedankengut wird öffentlich ausgebuht, aber in den Medien darf ich im Brustton des regionalen Patrioten mein Heiligenstädter Grätzel, zum Beispiel, ehren und schützen. In anderen Worten: wir sollen uns als vorbildliche, kosmopolitische Demokraten geben, aber keine sein dürfen, weil wir irgendwie die Landesverteidigung hochhalten müssen ... (in Anlehnung an analytische Gedanken Dürrenmatt’s)

Religion und Politik:

Religion basiert und berührt unsere Emotion in Bezug auf das unerreichbare Ideal, das Über-Ich, zu dem man sich hingezogen fühlt, zu dem man aufsteigen, auferstehen, es irgendwann mal erreichen will, weil man sich insgeheim dort Anerkennung und Lob erhofft. Und bequemerweise dieser heiligen Institution die universelle Verantwortung überträgt. Die eine Seite, die einer Seite. Die andere und praktikable Seite, die der anderen Seite, ist, dass sich die Religion als hervorragendes, bewährtes Instrument zur Machtbegründung erweist. Anlass, die Frage  meines väterlichen Geschichtslexikons, ob ich das wüsste: Tja, nein! Aber jetzt und ich werde es mir zu merken versuchen:

Denken wir an die Religion der „Gottgläubigen“, die sich nach 1933 im ungehindert „erblühenden“ Hitlerfaschismusregime durchzusetzen begann und massenhaft Kirchenaustritte bewirkte. Sie zeigte sich zwar vatikankritisch, war jedoch gleichzeitig genauso ein deklarierter wie schärfster Feind aller Freidenker; dazu gehörten neben vielen anderen, auch organisationslosen, die freimaurerischen Juden. Eigentlich war diese Reichsreligion ein diffuses Glaubenskonglomerat, fußend zwar auf dem Evangelium, jedoch mit germanisch-heidnisch-rituellen Ansätzen, in der man Hitler, mehr oder weniger heimlich, als Messias, als Nachfolger Jesu verehrte, fast schon vergötterte. Heinrich Himmler - seines Zeichen SS-, Polizeichef, Reichsinnenminister und heimlich angestrebter Nachfolger Hitlers, ein glühender Rassist und Paganist (Heide)- wirkte bei dieser neuen Religionsgründung eifrig mit. Wie auch der geborene Este und vermutete Jude Alfred Rosenberg, NSDAP-Ideologe, eine dahingehend ergänzende, treibende Kraft war.    

https://de.wikipedia.org/wiki/Gottgl%C3%A4ubig

https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Weihnachtskult

https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Rosenberg

Philosophie und Politik, gewagte Statements:

Politik ist bis heute praktizierte Macht, sich seines verfügbaren Kollektivs institutionell zu bemächtigen. Philosophie wäre die Vergeistigung von Machtstrukturen und eröffnen, wie es auch „Heilige Schriften“ tun, den Wettstreit für eifrige, sich ereifernde Interpreten, die behaupten, jeweils die Wahrheit gefunden zu haben. Auslegungen sind naturgemäß individuell und unheimlich variabel. Philosophien laufen Gefahr, missbraucht zu werden, ebenso aber zum Machtmissbrauch einladen können.

Einen „guten“ Politiker mache sicher die Verschränkung zwischen Philosophie und Schaffung eines realen Gemeinwesens aus. Wäre Politik  angewandte Philosophie? Da streiten sich die guten Geister. Denn Politik kann sich einer Philosophie bedienen, welche auch immer als Antriebsfeder herangezogen wird, muss aber nicht! Hingegen ist (sollte) die Philosophie politikunabhängig betrieben werden, sie ist das analytische Auge, das nur noch von der Wachsamkeit des dramaturgischen Denkers überboten wird. Doch läuft die Philosophie Gefahr, sich alsbald ideologisch und dogmatisch auszuwirken. Apropos:

Politik aus idealisierter Vorstellung definiert, wäre nichts anderes, als der zugegebenermaßen äußerst schwierige Versöhnungsversuch zwischen dem naturgemäßen Freiheitsdrang des Individuums und dem Bedürfnis nach sozialer Geborgenheit in der evolutionär gewachsenen „gemeinschaftlichen Ordnung“. Das Bindemittel hieße vermutlich Freiwilligkeit, in der die Einsicht reifte, dass die Freiheit sich bloß über einen gewissen, sozialen Spielraum definiert, dessen flexibles Ausmaß wiederum bestimmt ist durch eine demokratisch strukturierte Politik. Freiheit ist absolut wichtig, nur sollte man sie nicht übertreiben...

Philosophische Schriftwerke bergen eine gewisse Gefährlichkeit, sagen wir, für nicht gefestigte, gut verankerte Geister, und zwar die des injizierten Denkens. Ich lese Bücher und ziehe sie zur Erweiterung meiner Ausdruckspalette heran, nicht aber mir für ewig „hinein“. Ich ziehe sie mir über wie einen für mich neu entdeckten Stoff, um ihn von innen heraus  seiner Qualität zu prüfen und bleibe darunter immer der, der ich bin. Ich stütze mich nicht auf den Buchinhalt, als wäre er eine geistige Krücke. Diese selbstbewusste Anmaßung leiste ich mir! So hat auch mein Getippe nur die Qualität des Anregens.            

Kunterbuntes in der Grauzone... metaphorische Blitzlichter... vergleichende Kritik... Medienverhalten...

Carles Puigdemont hat man uns fast schon als katalanischen Nationalheld präsentiert und jetzt wird er, der Liberale Demokrat, der Pedecat’ler -  die, angeschlossen an das Wahlbündnisses der Separatisten und in Brüssel durch die ALDE vertreten - von der Europol wie ein Schwerverbrecher verhaftet. Mir geht es hier nicht um politische Hintergründe, gegenüber gemäßigten wie radikalen Nationalisten bin ich so und so skeptisch, mir geht es um die „Haltung“ in den Nachrichtenmedien, um ihre oft fragwürdige Art bei Stellungnahmen.

Was soll man von Politikern halten, was darf man von ihnen erwarten, wenn sie nicht einmal fähig sind, uns von der unsäglichen, vollkommen sinnlosen Sommerzeit zu befreien, die sie ja uns seinerzeit eingebrockt haben?

„Es wird am Volk vorbeiregiert“, Aussage des Imkerverbandpräsidenten am 20. März 2018 im ORF2 zum Voranschreitenden Bienensterben durch weiter massiven Pestizideinsatz in der Landwirtschaft. Ja, am Volk vorbei in die Arme der Megakonzerne.

Zuerst sparte Rot-Schwarz 3.000 Exekutivbeamte ein, jetzt erweitert Schwarztürkis-Blau den Polizeiapparat um 4.000 Außendienstler. Tja, uns kann man wirklich alles an offiziell unerklärbaren Rochaden zumuten. 

Gesetzmäßigkeiten aus Physik und Biochemie, wie schrecklich Alltägliches durchdringen politische Verhaltensweisen... Vergleiche:

Vergleicht man Parlamentarier mit Autofahrern, dann kriegen sie trotz aller Rück- und Seitensiegel das Fußvolk nicht in ihr Blickfeld. Doch gibt’s durchaus Lebenszeichen im toten Winkel! Aber es tut sich was in der digital-mobilen Welt: videotechnische Sensoren, so genannte hochsensible Assistenten. Endlich eine Chance, wahrgenommen zu werden! Außer es ist Nacht, oder neblig, oder der Bürger hat das Falsche an und wird nicht erfasst, wie wir ja leidlich beim tödlichen Unfall in Arizona durch einen Selbstfahrer erfahren mussten, trotz Notpilot hinterm Steuer... Also wieder nicht voll und ganz verlässlich! Die genialen Ingenieure der sich ständig überholenden Hightech in Sparten Virtualität, Biomechanik und Gentechnik geben selbst zu, dass auch ihre fabrizierte Welt in ultramodernem, hypem Naturdesign nicht absolut fehlerfrei ist, klar, ihr Schöpfer, der Mensch, ja bekanntlich und erwiesenermaßen auch nicht... Wozu diese Spielchen, die uns angeblich helfen sollen, intelligenter zu leben und bislang genau das Gegenteil bewirken? Wurscht, denn die gewünschte Welt in der VR-Brille – pinkglasses are out - jederzeit verfügbar. Wow! 

In der Mitte rinnt alles bis zur Unkenntlichkeit zusammen. In der Mitte ist zumeist der Abfluss. In der politischen Mitte repräsentieren sich heute eigentlich nur mehr nuancierte Mitteparteien. Doch wenn wir uns in unserer persönlichen Mitte befinden, geht es uns nach psychotherapeutischen wie auch esoterischen Erkenntnissen gut. Sind wir wiederum mitten im Chaos, inmitten der Katastrophe, dann wollen wir eher an den Rand! In der Mitte  des Tornados, quasi in seinem Auge, ist es wiederum absolut ruhig und turbulenzfrei. Ein Schlag mitten ins Gesicht ist nicht unbedingt mehr oder weniger unangenehm, als eine Ohrfeige bzw. Backpfeife. Tja, die relative Mitte... so kann die politische Mittepositionierung für die einen genauso unerträglich werden, wie für andere die, weit links bzw. weit rechts davon. 

Zunehmend werden Antibiotika sinnlos, weil unwirksam. Die Bakterien mutieren und vermehren sich rasant zu hämisch grinsenden Resistenten. Nachdenklich machendes Resümee der Mikromedizin vor Kurzen. Auch unser regierungspolitisches Breitbandantibiotikum scheint nicht zu wirken. Sie sind bereits resistent gegenüber solch radikaler Arznei, vor der Hofburg  leider nur in homöopathischer Dosis verabreicht. Regierungen scheinen bewundernswert volksimmun, armutsepidemisch unempfindlich. Da hilft der beste Kämmerer nicht gegen diese Art „Schädlinge“. Alles ist eben perspektivisch relativ. Denn für die Obrigkeit wiederum sind ja wir da unten der linke Bazillus, die linksverdächtige Virulenz. Darum wollen sie verstärkt uniformierte Killerzellen, die Neozyten, gegen störende, renitente, subversive Mikroorganismen einsetzen. Man verstehe. Endlich mal den unruhigen Evolutionsverkehr in eine Sackgasse umleiten und ... Schluss!


Ende meiner unermüdlichen Kritikwellen

an die Sozialdemokraten

Schlussakkorde in „fortissimo marziale“ im blassen Schimmer neuer Hoffnung, allein schon wegen dem „linken“ Nachwuchs tu ich’s:

Junge SPÖ sind hierzulande letzte Hoffnung! Frau Julia Herr, Sozialistische Jugend, SJÖ – Tochter der SPÖ, lässt wie schon gewohnt aufhorchen. Saß rechts vom Gregor Gysi, Europäische Linke im Zentrum des ORF am Sonntag, dem 25. März. Auffallend kongruent (übereinstimmend) die beiden. Sie, völlig „ihr eigener Herr“, ließ sich vom Khol-Geschwafel und süffisanten Vilimsky-Attacken nicht beeindrucken. Die Austro-Jusos sind für mich erholsam, zeigen selbstbewusst „Linientreue“ zur ureigenen Dogmatik und Ideologie, eine erwartete Konfliktbereitschaft zum Kapitalismus. Ich mag schon allein ihre Gruppierungsbezeichnung, wo das Wort sozialistisch am Leben gehalten wird. Danke!

Das Absurde und Groteske – ich fasse noch mal zusammen - in jüngerer Vergangenheit der Sozialdemokraten: die Parteiführungen haben sich von der Basis abgekoppelt, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen und beklagen heute unverschämter Weise die Spaltungstendenzen durch den daraus gewachsenen Lagerpatriotismus. Man hat sich Oben für Rolle der kompromissbereiten Sozis entschieden. Gleichzeitig alles ideologisch Konsequente mit den anderen, heißt gemeinsam mit den eigentlichen „Feinden“, als „radikal“ stigmatisiert. Und, geflissentlich in der liberalen Sendungsfrequenz ebenso wie unablässig von den „bösen Kommunisten“ fabuliert.  

Das „Wolf-und-Gute-Hirten-Spiel“, um eine Metapher von Friedrich Dürrenmatt anzubringen, beschreibt das sozialdemokratische Prinzip in der Koexistenz mit dem Kapitalismus, welches erfahrungsgemäß fast bis überhaupt nicht durchsetzbar ist und sogar kaum noch wer in der Parteibasis das zwanghafte Koalieren mit den Konservativen gutheißt. So sind wir in diesem weiterhin betriebenen Spiel nach wie vor die blöden Lämmer, die dummen Auguste, die Gelackmeierten, die dankbaren Opfer, die für die staatlich gewährten Almosen noch unendlich dankbar sein müssen. Apropos Spiel: „Das Axiom der alltäglichen Geschäfte lautet bekanntlich, dass die Spielregeln akzeptieren muss, wer aus einem gemeinen Spiel als Sieger hervorgehen möchte. Realismus vor diesem Hintergrund heißt Gelassenheit in der Gemeinheit.“ (Peter Sloterdijk)

Tja, diesen selbst provozierten „Nachzipf“ im Fach „Sozialismus & Demokratie“ muss die SPÖ erneut durchstehen und entsprechende „Verhaltens-Konsequenzen“ einleiten. Politik mit diesem Inhalt ist wahrlich kein gemütlicher Selbstläufer. Sie erfordert ständige Mitarbeit in Unterricht und Praktikum. Hier handelt es sich um ein politisches Hauptfach! Die Phase der Lehrstücke sollte die Partei hinter sich haben. In ihrem naturgemäß stetigen Reifeprozess ist die wortwörtlich zu nehmende Demokratie, selbstredend in Verschränkung mit dem Sozialismus, die einzige, gesellschaftspolitisch relevante Zukunft, die, einer friedlichen Weltkommune, wenn man Frieden will und ausnahmslos alle darin eingebunden sein sollen! Dafür gilt es einzustehen, denn „LINKS“, liebe Leser, kommt vom Herzen (GP & RJS). Nicht von Chancen reden – Perspektiven schaffen! Die alte, neue, die zeitlose Devise!

Hol-, Bring- und Schickschuld???

Gegenüber verfügbaren Sozialleistungen befinden wir Bürger uns in der Gesuchposition. Eine Einforderverpflichtung, die uns als Recht verkauft wird, die jedoch noch lange keinen automatischen, leistungsbezogenen Rechtsanspruch bedeutet, weil die Anspruchskriterien geprüft werden müssen und es jederzeit, nicht unbedingt für den Laien erkennbare Vorbehalte geben kann! „Bei der Holschuld muss sich der Gläubiger die Leistung beim Schuldner abholen.“ (Lexikon-Interpretation aufgrund des BGB). Also sind wir Bürger es dem Staat geschuldet, uns von ihm uns zustehende Leistungen zu holen, sie zu beantragen.

Als wäre der Bürger ein Schuldiger im Sinne der, durch die Geburt fleischlich gewordenen Sünde im Katholizismus. Nicht nur, dass der Staat sich verweigert, die bürokratisch für alle Beteiligten sicher einfachere Sozialleistungsautomation einzuführen, nein, im Antragsverfahren  degradiert und entwürdigt er seine betroffenen Bürger zu Bittstellern und Gnadengesuchende. Der in der Regel sogar unschuldig in die existenzielle Bedrohung geratene Staatsangehörige muss komplizierte Mechanismen im bürokratischen Räderwerk bedienen, um da und dort paar „Netsch“ zum Überlegen zu kriegen.

Ist das in Ordnung? Ist das sozial? Gegen die Zugangsvereinfachung mittels ohnehin evidenter Datensammlung unter der Sozialversicherungsnummer wird plötzlich das Argument Datenschutz verwendet. Mich erinnert dieses Gebaren, dieses Verhältnis Staatsbürger-Bürgerstaat an monarchistische Verhältnisse, der Untertan muss um Gehör bitten...

Das Zwillingspaar Demokratie & Sozialismus, eine in Idealform spirituelle, geistvolle Macht, hat nach obenhin noch genügend Entwicklungsraum, sie sind noch sehr jung im Vergleich zum alten System. Dieses hingegen, die materielle Macht (hast mehr, bis wer), der viel zitierte Kapitalismus, ist ausgereizt, am Ende, er liefert keine intelligenten Antworten, außer gewaltvolle, brutale. Ideal wäre es, uns vom Alten friedlich, aber konsequent zu verabschieden!      


The Big Lie!

Es hat sich nix wesentlich geändert, oder?

Der Absolutismus hat zwar heute keine Krone auf,

sitzt als Kaiser und Gott nicht mehr auf einem pompösen Thron, versteckt sich auch nicht mehr als uniformierter Diktator in einem Bunkerhauptquartier, oder, wie heute, in irgendeinem sterilen Hochsicherheitstrakt einer Drohnen umschwirrten Festung. Die Allmachtinsignien - Krone, Orden, Ringe, Zepter – Lorbeerkränze, Reichsäpfel, Wappen, Siegel – sind heute das Konzernlogo und das entsprechende Bankkonto. Was Machthierarchien betrifft, hat sich nichts geändert, weil wir sie noch immer tolerieren, sogar pflegen, ihnen dienen und Angst vor ihren Repressalien haben, falls wir ihnen subversiv scheinen. Das Mittelalter hat sich nur neu und besser bewaffnet...

Die superreichen Privatiers und die Politik haben sich arrangiert. Sind Eins geworden. Sie sind eine Allianz gegen die sich langsam emanzipierende Weltbevölkerungen. Eine verschworene Gesellschaft. Das Establishment, der Jetset. Tja, die einen handeln und profitieren wie bisher, die anderen lenken ab und beruhigen uns mit sozialen wie ökologischen Animationsszenarien, reden uns quasi „von der Seele“. Die immer stärker aufkommenden Zweifel der Bürger – wir, zu Konsumenten und Wirtschaftsfaktoren degradiert, entwürdigt – werden mit Unterhaltung faul und fett gefüttert, dabei sediert man uns mit der zweifärbigen Nachhaltigkeitsbrille, links neo-rosarot, rechts lindgrün, oder umgekehrt, eh wurscht.

Apropos Grün und die Grüne Lüge

Wir „schmusen“ uns, täglich über die Werbemaschinerie animiert, mit den Konzernmächten, unseren vermeintlichen Brötchengebern, zusammen und haben gleich kein schlechtes Gewissen mehr, denn die Konzerne sind jetzt geläutert und machen uns zuliebe nachhaltig nichts mehr kaputt, sondern produzieren und fördern und handeln plötzlich nachhaltig völlig nachhaltig, oder so. Wir sind „fairtrade“, wir sind „grün“! Wir haben es in der Hand...

Ja, wir sind jetzt mündige, entscheidungsfähige Konsumenten und schauen streng auf diese sagenumwobene Nachhaltigkeitsetikette im Supermarktregal. Man empfängt erleichtert den Hauch der Ökologie und fühlt sich von Mutter Natur geliebt und geheiligt. Gott sei Dank, muss man das gewohnte, so geile Konsumverhalten nicht schmerzhaft einschränken. Man tut weiter so, wie bisher, nur jetzt mit besserem Gefühl! Wir Kleinen, zusammen die neue, selbstbewusste Macht der Konsummasse, wir sind Autorität, wir entscheiden, wir wählen! Ähm was eigentlich? Oder wählen wir  am Ende nur unter den regierenden Konzerntitanen, wie Walmart, Apple, Monsanto, China National Petroleum, Volkswagen, Unilever, Pioneer, AXA, Royal Dutch Shell, Exxon Mobil, Fruit of the loom, British Petrol, etc. Aber gut, es gibt ja hier eine „Schreckensliste“:

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_gr%C3%B6%C3%9Ften_Unternehmen_der_Welt

Aber auch so internationale, UNO-geförderte Gesellschaften wie die FAO, Food and Agriculture, bleiben in ihrem Aufgabenbereich und weltweiter Kontrollfunktion eher fragwürdig. Auch die UNO selbst scheint in vieler Hinsicht machtlos, in vielen Belangen zurückhaltend, außer in Erteilung von Kriegsmandaten. 

Welch Aufbruchstimmung in den 70ern! Die grünalternative Bewegung schien viele mitzureißen. Auch mich. Und heute - machen wir einen Zeitsprung: Die vermeintlichen, parteiorganisierten Grünen haben sich  selbst aus dem Spiel genommen, weil sie nur mehr grüne Illusionen verkauften, selbst kleinbürgerliche Allüren zeigten und allzu politisch kompromissbereit agierten, um ja Parlamentssitze oder Landesämter zu erhaschen.  

Der konventionelle Krieg ist Folklore...

Jede Nation ist durch die sich nach wie vor progressiv entwickelnde Hightech ihrer Industrie, aber auch Staatsadministration verletzbarer und angreifbarer geworden. Früher musste man den einmarschierenden Armeen ein ebenso gewaltiges Pendant zur Verteidigung entgegenstellen, oder sich unterwerfen. Heute genügen Einzelne. Mit paar Kriminellen, einer Handvoll Terroristen kannst du einen Staat aushebeln. Es ist sogar schon vom Schreibtisch aus möglich, die mikrotechnisch, also elektronisch gesteuerte Stadtversorgung lahm zu legen, zu sabotieren. Du kannst Lebenssysteme bequem außer Kraft setzen und zerstören. Es klingt auf den ersten Blick obskur, irreal, widersinnig, was weiß ich, aber es stimmt: „Die Katastrophenanfälligkeit der modernen Welt als Auswirkung ihrer Wirtschaft und Politik nimmt zu!“ (F. Dürrenmatt)  

Der Krieg wird heute mit dem Kapital geführt, in Folge mit Landbesitz, sprich Landraub und durch Verträge mit korrupten Regierungsmitgliedern. Bei Überwindung des regionalen Widerstandes bedient man sich zur Not noch spontan organisierter Schlägertrupps, paramilitärischer, flexibler Kleinstarmeen, den „sauberen“ Drohneneinsatz, auch gigantische Baumaschinen tun ihr Werk. Die globale Konzernpolitik unterdrückt diktatorisch alles an regional vernünftigen Konzepten. Eine demokratisch untermauerte Volkswirtschaft kleiner vernetzter Systeme ist die einzige Zukunft, wenn wir als kollektive Spezies nicht nur irgendwie überleben wollen, sondern freudvoll, sinnvoll und friedvoll. Dahingehend sinnierte schon Frederic Vester, Biochemiker und Systemforscher, unter anderen in seinem Werk: „Unsere Welt – ein vernetztes System“.   

Es wird höchstwahrscheinlich wieder einmal an den Massen selbst liegen, die sich fast überall von ihren Politikern allein gelassen fühlen, sich gegen das neue Weltmachtkartell aufzulehnen und in solidarischer, demokratischer Gemeinschaft ein neues Modell des Zusammenlebens auf die Schiene zu bringen. Langsam passiert es, dass sich auch Naturvölker untereinander solidarisieren für den Kampf gegen ihre Vertreibung und Vernichtung und dabei auch in den industriellen Kulturen Freunde und Unterstützer finden.

Ich erinnere an die „Helden“, wie den Bruno Manser,

https://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Manser

der auszog, um den malaysischen Naturvölkern im Kampf gegen Radikalrodungen beizustehen und bis heute als verschollen gilt. Oder an den ehemaligen Sportartikel- und Textilmanager Douglas Tomkins,

https://de.wikipedia.org/wiki/Douglas_Tompkins

der große Landstriche zur ökologischen Revitalisierung kaufte, bzw. es den Indigenen zur ursprünglichen, zur traditionellen und damit ökologischen Bewirtschaftung zurückgab. Ihm animierte der norwegische Philosoph Arne Naess mit seiner „Tiefenökologie“. Der erfahrene Kanute und begeisterte Wildwasserfahrer starb überraschend beim Kajakfahren. Nicht zu vergessen, der ehemalige Baulöwe und Playboy David MC Taggart,

https://de.wikipedia.org/wiki/David_McTaggart

späteres Gründungsmitglied von Greenpeace; Tod durch Autounfall.  

Alle setzten sich für den Erhalt der ursprünglichen „Biosphäre Mutter Erde“, das „Eden-Biotop“, ein, wobei es in Wahrheit nur mehr um Schadensminimierung gehen kann.  

Die gefährliche Selbstberuhigung. Revolution in Gemütlichkeit und Wohlstand ist angesagt... Prost Leute, lasst uns kämpfen!

Vor uns haben wir ein kleines Wäldchen gerettet, hinter uns wird der Regenwald gerodet. Vor uns die Mülltrennungscontainer. Vor indischen wie afrikanischen Küsten wird der Großteil unseres Drecks verklappt. Wir schwören dem verdammten Schwarzen Gold ab und plündern Mutter Erde um das Weiße Gold Lithium. Die lauten Stinkkisten und Rauchvehikeln verschrotten wir und steigen in die geile, geräuschlose E-Limousine, die sogar noch kürzer auf 100 beschleunigt werden kann, hehehe. Wir kämpfen vergleichsweise bedeutungslose Scharmützel gegen die globale Industrialisierung, die wahrlich nachhaltig agiert, nachhaltig zerstörend! Wir kaufen uns siegreich lächelnd Patenschaften von gefährdeten Tieren, sogar von armen Kindern aus der Dritten und Vierten Welt und ergattern paar Quadratmeter Dschungelboden im Amazonas; oh, Eisschollen sind jetzt ganz günstig zu haben. Ja, wir sind mündige Bürger! Unseren Kindern eine wunderschön grün gepflegte Welt! 

Immer wieder erfahre ich durch Umweltorganisationen wie weiterhin ungebremst Naturlandschaften, Fauna und Flora rigoros ruiniert werden. Und? Wir wissen darüber nicht erst seit gestern Bescheid! Wir haben gelernt uns smart und subtil zu trösten. Ich gehe oft zu Fuß, ich fahre ein Elektroauto, ich baue mir ein gewaltiges Niedrigenergiehaus mit Bade-Biotop vor der Haustür, entschuldigt, aber den „Nespresso“, den gönne ich mir. Und doch zieht es uns im Fluss immer schneller zum gewaltigen Katarakt hin, unter dem wir höchstwahrscheinlich zerschmettern und mir kommt vor, wir haben es dorthin unheimlich eilig. Bitte was ist das? Wer sind wir?

F. Dürrenmatt schreibt nicht ohne Grund immer wieder in diesem Sinn: Wir haben verflucht wenig Zeit, uns innerlich zu reformieren, uns vorgegebene, vorgekaute Ideologien zu überwinden, zukunftsfähige, wirklich tragfähige ökosoziale Strukturen zu entwickeln, und zwar gemeinsam. Auf die gegenwärtige Politik können wir uns nicht mehr verlassen! Wir haben verdammt wenig Zeit dazu, das zu werden, was wir wären! Dieser letzte Satz ist wahrlich dramaturgisch! 


Eine spirituelle Läuterung

Zum Thema: Gibt es ein zweites Sein, eines jenseits des Rationalen?

Sommerabfahrt in der Krummen Ries am Schneeberg

Warum ich dieser Läuterung spirituelle Bedeutung zumesse? Für mich definiert sich Spiritualität heute so, dass der spirituelle Mensch hinter allem eine zentrale, geistige Absicht, ein Konzept vermutet, was aber lange noch nicht heißt, dass er in Kenntnis dessen ist, es quasi intus hat. Es verhält sich so, wie mit dem Mathematiker, der mit Zahlen und Formeln aufgrund angenommener Faktoren agiert. Der Mystiker ist der unerlässliche Geschichtenerzähler, der, der Segmente daraus zu entschlüsseln, zu decodieren vermag und damit zum Beispiel eine Sage kreiert, eigentlich ein Gleichnis, eine Gleichung. Auch der Mystiker arbeitet mit Annahmen. Die folgende Geschichte bleibt für mich aus der Sicht des Vernunftmenschen, der ich einer ebenso bin, unfassbar, unerklärlich. Zwei weitere Erlebnisse dieser Art sollten noch folgen. 

Es war in jener Zeit, ich so gegen Ende der Zwanzig, in der wir - die freizeitaktive Sondertruppe aus grünalternativ angehauchten Verhaltenskreativen - wochenends liebend gern in die noch halbwegs freie Natur hinausfuhren. Aber nicht nur der guten Luft und des Panoramas wegen und weil wir vollkommen überzeugte „Ökofreaks“ waren, sogar in Laxenburg einen Gemeinschaftsacker bestellten, nein, auch aus dem Grund, dem städtischen Alltag zu entfliehen. Raus und rein in die Welt durchaus kalamitätsverdächtiger Abenteuer, bevorzugt in freier Wildbahn; bereit zu allen möglichen Spassetteln und Spompanadeln.

Da bot sich eines Tages die Krumme Ries an, für solches bestens prädestiniert, als hätte sie uns dazu regelrecht gerufen. Nämlich mit Bergschuhen auf ihrem losem Gestein talwärts zu fahren. Wir pirschten uns über den nördlichen Grafensteig heran. Dann lag sie da, vor uns, einladend breit das imposante Verfallwerk des Gebirges. Links steil hinan lauert drohend eine knochenbleiche Geröllhalde, aus der vereinzelt Felsbrocken ragen wie übrig gebliebene Zahnfragmente aus dem Unterkiefer eines Totenschädels, als demonstrieren sie den unaufhörlich „nagenden Zahn der Zeit“. Rechts fällt der untere Teil ebenso spektakulär zu Tal.

Der Wandersteig führt mitten hindurch, er durchschneidet an der Nordostflanke des Schneebergs all seine imposanten Riesen in ihren unteren Zipfeln. Die Krumme Ries steht in der Breite ihrer Schwester „Breite Ries“ nichts nach, ist vermutlich aber die längste ihrer Art, ihre Zungenspitze ragt weit hinunter bis in den Schrattengraben. Dieses Massiv strotzt vor lauter Tali, also Schuttkegel oder Sturzhalde. Der Name Ries ist zwar geläufig, doch im Lexikon nicht als solche zu finden. Ein dialektischer Begriff und scheinbar regional entstanden und könnte durchaus vom ständig irgendwo hörbaren „Rieseln“ der Steine hergeleitet worden sein.    

Eine Gaudi war zu erwarten. Wir, so um die sieben herum, standen an der Kante, am Start des geplanten Unterfangens. Reinhold unser „Turnvater Jan“, der Älteste und auserkorener Naturguru, schärfte uns vorsorglich noch mal ein, uns im Zickzack bergab zu bewegen, sonst erschlagen uns womöglich die eigenen, losgetretenen und zu rollen und zu springen beginnenden Steinbrocken. Also nicht ganz ungefährlich. Man löst bei jedem Tritt kleine Gerölllawinen aus, was in Summe kumulieren kann. Es könnte damit eine weit größere, dramatischere Steinlawine, oder gar ein gigantischer Felsrutsch ausgelöst werden. Außerdem beschleunigt man mit diesem Sport das „Bergsterben“. Gründe genug, um es zu verweigern und davon abzuraten! Ehrlich gesagt, ich habe heute auch mächtig Schiss davor und bewege mich allzu gern bergschonend.   

Er, Reinhold, war gleich der erste, der sich wagemutig in die Tiefe schmiss und im ausgedehnten Slalom – paar Riesenschritte links, paar rechts - sich den steinernen Hang einzuverleiben begann. Die anderen folgten. Ich warf mich in mittlerer Position hinunter. Hinter mir Ruthild, die ihrem Ehemann an Mut nicht nachstand, ein ansonsten stilles, wenn nötig streitbares Geschöpf, das sich allenfalls zu behaupten wusste. Sie strahlte für mich so eine zurückgehaltene Weisheit aus. Sie hat leider, wie sie es selbst ahnte und äußerte, ihren sechzigsten Geburtstag – ein tragischer, wenn auch banaler Unfall zu Hause - nicht mehr erlebt. „Ich kann mir nicht vorstellen, einmal sechzig zu sein.“, an diese Worte erinnere ich mich noch genau. In ihren letzten Jahren traf ich sie oft und entdeckte hinter der kühlen, intellektuellen Fassade ein hoch spirituelles Wesen. Ruthild war fertige Germanistin und Chefsekretärin bei Andritz AG in Wien. Sie sprach mit mir eines Tages von verwandten „leuchtenden Köpfen“ auf Erden, die sich hin und wieder begegnen und fragte mich, mich dabei so eigenartig ansehend, ob ich auch an so etwas glaube. Ja, verdammt noch mal... Zurück zur Action am Hausberg der Wiener:    

Mir taugte es und juchitzte vor Übermut und Freude. Ich schritt, nein, ich fuhr wie auf unsichtbaren, in Serpentinen angelegten Schienen hinab. Jede Richtungswende wurde mit einem Drehsprung eingeleitet, wie ein imitierter Torlauf ohne Stöcke. Dann, nach einiger Zeit, sah ich, wie die vor mir immer mehr links zum Waldrand hin drifteten. Das wollte ich auch. Plötzlich aber bemerkte ich, später als die anderen wahrscheinlich, weiter vorn einen Abbruch, eine ziemlich breite Felskante. Wie hoch exakt, war nicht abzuschätzen, aber eine respektable Höhe war erkennbar, denn das Geröll danach lag sichtbar deutlich tiefer. Ich war schnell unterwegs, anscheinend zu schnell, hatte mit meinen Riesenschritten immens Tempo drauf. Hinter mir rollte und polterte es ziemlich verdächtig. Die ganze Ries schien in Bewegung gekommen zu sein. Trotz heftiger, bereits verzweifelter Linkssteuerung erkannte ich, dass ich nicht mehr wegkomme, es nicht mehr schaffe. Ich lief und rutschte ungewollt direkt auf dieses unvermutete Kliff mitten in der Ries zu, das mich regelrecht anzog wie ein riesiger Magnet, als bin ich in einem Sog. Scheiße verdammte!

Unausweichlich die letzten Meter darauf zuschlitternd, rutschend, wich die aufgekommene Panik einer unbeschreiblichen Ruhe, die sich in mir ausbreitete, ich wusste, ich konnte dem Schicksal nicht mehr entgehen, zu Tode zu stürzen. Und so fügte ich mich, nahm es an... schloss die Augen und überließ mich... heute würde ich sagen, meinen wunderbaren Damen vom See... mich in ihren Schoss fallen lassend...

Als ich keinen Boden mehr unter mir spürte, schien die Welt für eine kleine Ewigkeit still zu stehen, absolute Stille. Innehalten. Als gingest du in den Wald, und plötzlich merkst du, dass jetzt keine Vögel mehr darin zwitschern. Der Wald nimmt mit dir Verbindung auf, blendet jegliche Störung aus, nur die Sonne blinzelt durchs Laubdach, er zwinkert dir zu. Kommt näher, ist dir auf einmal ganz nahe, nein, du bist in ihm, sein Teil, du schaust ins Herz des Waldes und er in deines. Beide beginnen, synchron zu pulsieren. Totale Nähe... kein zurück mehr... Verschmelzung. Eins sein. Es war keinesfalls diese Art eisiger Stille im Todeshauch, die uns cineastisch in Thrillern oder Horror kurz vor dem hereinbrechenden Grauen vermittelt wird. Es umfing mich eine Geräuschlosigkeit, eine sakrale Ruhe, mit dem Gefühl von Geborgenheit. Ist es so etwas wie Liebe?

Unendlich langsam lief alles ab. Irgendwas wollte mir die Zeit gönnen, mein Leben zu reflektieren. Es war so eigenartig. Keine Panik, kein Groll, kein Hader. Tiefe Dankbarkeit stieg hoch, dass ich bis jetzt so viel erleben durfte, ein durchaus interessantes Leben hatte. Ich habe mich völlig kompromisslos hingegeben, erwartete ohne Angst, das, was kommt, kommen muss... und wenn es eben sein soll, dass ich gehe, dann bitte macht schnell, zieht es radikal durch. Man liest immer wieder, dass im Angesicht des Todes, die „Borderline-traveller“, die Grenzgänger, in eine andere Zeitdimension gezogen werden. Für die „Zurückgebliebenen“ läuft alles in Bruchteilen von Sekunden ab, ein Wimpernschlag, in dem eine Ewigkeit stecken kann.    

Und im nächsten Atemzug spürte ich festen Boden, also wieder Steine unter mir. Reflexartig – wieder voll und ganz im Hier und Jetzt - schritt ich weiter, als wäre nichts gewesen, zu den anderen am schützenden Waldrand. Reinhold empfing mich mit tellergroßen Augen. Dann kam eine Salve aus Fragen und Bemerkungen: „Wie hast du das gemacht?“ „Das war grandios!“ „Hast du das trainiert?“ „Der Raoul ist ja ein Artist!“ Ich verstand gar nichts. Denn ich war gerade wiedergeboren worden. Ich brachte im Moment nur heraus: „Ich weiß nicht...“ Es dauerte nicht lang und der grinsende Schalk setzte sich wieder erfolgreich durch: „Klar, trainiert ist trainiert. Lernt man im Kung Fu, Abschnitt ‚Der Shaolin im Gebirg’ oder „Der Sprung des Pumas“. Wissend, dass Reinhold ehemaliger Lehrer für den Turmspringer-Nachwuchs war. 

Nach geraumer Zeit waren alle beruhigt – alle meine Freunde hatten bereits  das Kreuz gemacht, mich gedanklich schon aus der Telefonliste gestrichen. Meine liebe Freundin schien den Schock ebenso überwunden zu haben. Oder war sie am Ende enttäuscht, weil man mich nicht so schnell loswird? Nun ließ ich mir es erklären, das Selbstrettungsphänomen: Abfahrt mit Salto. Ein Freestyler. Irgendwas hat meinen Körper bewegt, in einer Kopfüberdrehung versetzt, so sorgfältig kalkuliert, dass ich mit den Füßen wieder aufkam. Ich habe bewusst rein gar nichts in der Art versucht, nämlich, mein Leben zu retten.

Klar liebte ich in jener Zeit weite wie hohe Sprünge unter anderem bei meinem wöchentlichen Lauftraining, ich mochte das Orientierungslaufen, querfeldein über Stock und Stein, Hänge rauf und runter, über Bäche und Gräben springen und über Schluchten auf gefallenen Baumstämmen balancieren. Aber ich war absolut und partout kein Saltomortalist, keineswegs darin geübt, gerade im Gegenteil, da spürte ich immer so eine Blockade. Angst. Sie rührt sicherlich von meinem Eislaufunfall her, den ich als zehn- bis elfjähriger überlebte, mit einhergehendem, mehrminütigem Bewusstseinsverlust. Wegen des diagnostizierten Gehirntraumas kriegte ich eine mehrwöchige, absolute Bettruhe verordnet.

Alles hat auch immer etwas Gutes, meistens halt. In dieser Zeit lernte ich meinen lange verschollenen Onkel Fred kennen, eine Abenteurer und Überlebenskünstler wie es im Buche steht, zudem begnadeter Musiker und Zeichner und ein technisches Improvisationstalent. Und neben meinem Bett lagen Unmengen von Büchern, die es zu lesen galt.        

Tja, seitdem leide ich an einer Akrophobie (Höhenangst), in jungen Jahren noch partiell und temporär aufscheinend. Aber ich hatte sie lange Zeit gut im Griff, konnte sie unterdrücken, war imstande, die aufkeimende Angst sehr oft und erfolgreich wieder ins Unterbewusstsein zurückdrängen. Heute ist sie permanent da, scheint an Stärke zugelegt zu haben, oder es liegt an meinem Nervenkorsett, das im Alter brüchiger geworden ist. Und trotzdem stelle ich mich und immer wieder dem Dämon... ist’s gar das  „Kasermandl“ aus Tirol, der boshafte Almkobold, der mir diese Angst beschert? Ich möchte es wissen, ob er nicht irgendwann aufgibt, mir fürchterlich am Arsch zu gehen... wir werden sehen... Er verdirbt sich jede Chance, dass ich ihm in der Hütt’n „a Bia und a Suppn zahl’“.    

Breite Ries - überstanden. Mein Abgang, mein Wechsel der Welten sollte noch nicht sein. Wir kehrten, uns weiter abwärts am Waldrand bewegend, dem Ort des unbestellten Wunders den Rücken. Paar Mal noch mussten wir in der gewohnten Art einige Geröllzungen queren. So entschwanden wir Schritt für Schritt, nun auf nadelweichen Waldwegen entspannt talwärts schreitend, nach Losenheim. Ende gut, alles gut. Lange noch war das Ereignis zentrales Thema bei unseren Treffen und weiteren, durchaus hin und wieder „närrischen“ Unternehmungen, irgendwo draußen, abseits der Trampelpfade der „Sonntagsausflügler“. Und es kamen noch etliche, der vielen Abenteuer daher, um gepflückt zu werden...             

 


Sinnsuche bei der „Ent“-Forschung

Aus unserem unermesslichen Sprachschatz, der die hierzulande eingeschlichene Lese- und Schreibschwäche zu Recht ignoriert, verwenden wir folgende Worte sicherlich recht häufig:

ent-wirren, ent-knoten, ent-binden, ent-wenden, ent-nehmen, ent-fernen, ent-sprechen, ent-sagen, ent-halten, ent-leeren, ent-schlagen, ent-behren, ent-e, ent-winden, ent-reißen, ent-schlüpfen, ent-weichen, ent-fliehen, ent-kommen, ent-ziehen, ent-gleiten, ent-fesseln, ent-springen, ent-laufen, ent-gehen, ent-gelten, ent-korken, ent-decken, ent-wässern, ent-schlacken, ent-fetten, ent-rahmen, ent-ledigen, ent-spannen, ent-schärfen, ent-härten, ent-kriminalisieren, ent-risch, ent-setzt, etc. 

Dem eigenartigen „ent-“ sei mal nachgeforscht. Ich ging dem Präfix-Phänomen auf den Grund und alsbald auf den Leim:

„Entwirren“ heißt ja, das Wirrnis auflösen. Entknoten, den Knoten lösen. Entbinden, jemanden von der Bindung befreien. Beim Entdecken nehme ich im übertragenen Sinn die Decke weg, ich lüfte das vermeintlich Gesuchte. „Entwässern“, „Entschlacken“, „Entfetten“, „Entrahmen“, „Entkorken“ (kann schon mal eine verkorkste Angelegenheit werden), „Entfesseln“, „Entschärfen“, „Enthärten“, „Entkriminalisieren“, detto! Also hat „ent-“ etwas mit „weg machen“, mit aufheben zu tun. Das entbehrt doch nicht einer gewissen Logik, oder?  

Nur wie sieht es aus beim „Entfernen“, da löse ich die Ferne nicht auf, sondern im Gegenteil, ich vergrößere sie! Beim „Entwinden“, oder „Entwenden“ bzw. „Entreißen“ wird’s schon etwas abstruser, weil entferne ich die Windung, die Wende, oder’s Reißen, anstelle ich ja wegreißen sagen könnte, oder nicht? Obwohl wegreißen schon eine Nuance an Bedeutung abweicht. Ausnahme: Man hat das Reisserte - ein Nerven- bzw. Muskelzucken, das von der eher noch harmlosen Faszikulation bis zur krankhaften Myoklonie reichen kann, und, siehe da, gesundet, dann hat man sich dem somatischen Reißen entrissen. Man gebe beim Entwenden der Situation eine Wende, weil ich aktiv meist aggressiv etwas verändere? Das klingt weit hergeholt. Fazit: bei allen löse ich keinesfalls die Winde bzw. das Winden bzw. das Wenden und das gewöhnliche Reißen auf. Bei dem einen nehme ich nur etwas weg, beim anderen „entkomme“ ich Gott sei Dank.

Oh, da öffnen sich sofort weitere Geheimtüren: Beim „Entkommen“ tritt noch die alte, eingangs erwähnte Logik ein, das einstige „Gekommen sein“ bzw. „Angekommen sein“ oder nicht auszuschließende „Willkommen gewesen sein“ wird durch meine Flucht umgehend aufgelöst... Das betrifft gleichermaßen „ent-fliehen“, „entschlüpfen“, „entweichen“. All das sind grundsätzlich Absentierungsbestrebungen, mit vielleicht kleinen, begrifflichen Nuancen. Doch bleibt’s kurios: entfliehe ich, wird dabei weder die Flucht noch die dahingehende Absicht aufgelöst. Entschlüpfe ich, muss ich mir – eine spontan assoziative, doch unbeweisbare Intuition – die Schlüpfer zwecks besserer Fluchtchancen ausziehen. Entweichen tut mir öfter etwas in unterschiedlichen Akustiken, bis vollkommen geräuschlos, was unangenehm weiche Folgen als hinterlassene, textile Spur haben könnte... heißt, das Weiche ist so schnell nicht mehr wegzumachen, vorübergehend eventuell wegzudenken. Es „entglitt“ mir etwas, heißt, es könnte noch in der Gleitbewegung sein, liegt nur nicht mehr in meinem Einflussbereich.         

Merkwürdig wird es auch beim „Entsagen“. Ich entsage, ich befreie mich vom Sagen? Genau genommen, befreie ich mich meiner Zu-sage, meinem Versprechen mir oder anderen gegenüber – also: korrekterweise „ent-zusagen“ für verzichten, für das Eintreten in die Askese zum Beispiel; oh, da hätten wir was Gleichwertiges, aber nicht minder Obskureres: Die „Enthaltsamkeit“, da „enthält“ man sich bestimmten Verlockungen und Gelüsten und Trieben. Statt „entsagen“ wäre ja noch „absagen“ besser! Das „Entschlagen“, wo eigentlich ja ein typisches „Entsagen“ gemeint ist,  entspräche perfekt der Eingangslogik, ich entbinde mich meiner Aussage-Pflicht.

Kurze Pause. „Entspannung“! Wir sind, wie sie sicherlich gemerkt haben, schon länger im kaum noch korrigierbaren Zweifelmodus, was den anfänglich vermuteten Term in unserer Terminologie betrifft, die Hypothese eines allgemeingültigen Prinzips, das beim Entspannen endlich wieder zutrifft.        

Wenn jemand jemandem oder etwas „entlaufen“ ist, dann hat er sich doch nicht vom Laufen befreit, oder? Genau im Gegenteil, der Betreffende muss womöglich lange laufen, wenn er wo entkam, wo ausbrach! Und wenn mir etwas „entgeht“, dann hat das doch mit Gehen rein gar nix zu tun, nicht war? Bleiben wir dabei, dass mir dabei halt etwas abgeht.

Er „entzieht“ sich ihrer Kontrolle. Beispiel. Wo ist hier das Ziehen oder der Zug aufgelöst? Falsch. Es geht um den Bezug oder gar die Beziehung. Da könnte man die ursprüngliche Forschungshypothese anwenden. Wenn sich ein Kind aus dem Erziehungskorsett winden will, entzieht es sich der Pädagogik. In der Erziehung liegt das grausliche Ziehen am Kinde, man befreit sich zum Zug. Doch eine Logik! Im selben Zug sitzt irgendwie auch das „Entledigen“, da befreien wir uns von etwas oder jemand. Aber, wenn ich mich des Ledigen befreie? Ledig bedeutet „allein“, „nur“, „ungebunden“. Ent-allein? Ent-ungebunden? Dann hätten wir hier ein semantisches Paradoxon! Eine Art Doppelnegation. Hieße im Endeffekt, das Alleinsein, die Ungebundenheit auflösen, sprich mich also nicht befreien, sondern binden?!?          

Ähnlich paradox mutet die Analyse des Begriffs „Entsprechen“ an. Ich befreie mich vom Sprechen oder Gesprochenem? Nein, ich spreche gleich dem Erwarteten; dem zufolge widerspreche ich aus irgendwelchen Gründen auch immer nicht, was außerhalb von mir oder rund um mich gesprochen wird. Ich bin ein braver Erfüllungsgehilfe. Ein Befehlsempfänger und –ausführer. Ein Vertrauensmann, ein Loyaler! Ein Treuer, ein Gehorsamer, ein Folgsamer. Ein braver Bürger, von dem man solche Tugenden erwartet!

Und wie steht es mit dem „Entgelten“? Entgelten hat zumeist etwas mit Geld zu tun und das schreibt sich sichtbar mit „d“. Die Schlussfolgerung als vermeintlicher Trugschluss: „entgelden“! Tja, das sieht zugegebenermaßen ungewohnt blöde aus, oder nicht? Eine regelrecht lithografische, fast schon schmerzhaft empfundene Verletzung. Wir wissen natürlich, dass „-gelten“ sich von Geltung herleitet. wenn ich jemand etwas entgelte, im Sinn von Bezahlung, erlange ich ungemein Geltung, also seinerseits Achtung.    

Die Quelle „entspringt“... sie spring heraus aus der Öffnung in Boden oder Fels. Und erst wenn das „e“ sich per „ent“ auflöst darf ich zum Wasservogel „Ente“ sagen; tja, weil bei ihrem  Untertauchen nur ihr Schwanzende sichtbar bleibt, somit stünde „e“ für „Ende“, das sich gewissermaßen beim Auftauchen wieder auflöst in der Verschmelzung mit dem Ganzen. Die Ente kriegte ihren Namen vom „Fast-nicht-sichtbar-sein“.

Zum Schluss noch übers andere „Enthalten“. Nämlich das Beinhalten. Fortan widersprüchlich. Das Halten wird partout nicht aufgelöst. Sondern die Flasche behält beispielsweise ihren wohlschmeckenden Inhalt. Ansonsten wäre sie „entleert“, was genauso wenig die Leere aufhob, sondern erst machte und „geleert“ richtiger klingt, nicht?

Ich bin „entsetzt“! Wie wahllos „ent“ eingesetzt wird. Apropos, ich denke, das nach Wien zu seiner Rettung beorderte „Entsatzheer“ des Königs Sobieski viele seiner Recken vorerst mal entsetzt waren beim Anblick der türkischen Belagerer vor den Stadttoren. Und die türkischen Elitereiter erst, die Sipahi wie Janitscharen, beim Anblick des nahenden Befreiungsheeres.   

Sie sehen, Sprachforscher linguistischer Randzonen haben es verdammt schwer, weil sie sich dazu offenbar nicht „ent-blöden“... Apropos Sprache, die dazu da ist, neben verbalen Beleidigungen, Liebesbeteuerungen, auch dazu nütze ist, etwas weiter zu erzählen, etwas zu kommentieren:


Themenverfehlung

verschiedenster Dimensionierung

Kennen wir alle aus der Schulzeit.

Wegen notorischer Themenverfehlung erntete ich nicht so selten ein „Nicht Genügend“. Die beste Note meiner Deutschprofessorin, glaube ich mich zu erinnern, war einmal ein „befriedigend“. Weniger der grammatischen Fehler wegen, die fand man kaum, schon gar nicht in Sachen Interpunktion, wobei ich alsbald ein untrügliches, ein zuverlässiges Gefühl entwickelt habe. Ich war grammatikalisch gut trainiert, was sie hin und wieder in meiner Mitarbeit flüchtig lobte. Mir graute zunehmend vor dem Deutschunterricht und die anfängliche Irritation und folgende Frust wich bald einer noch viel schlimmeren Resignation. Ich drehte mich in der so gefürchteten Negativspirale mit der Maske stoischer Gleichgültigkeit nach unten. Tief in mir glimmten Zornesfunken,...   

...denn die Kunst, ein vorgegebenes, äußerst uninteressantes Thema – auch wenn öfter drei zur Auswahl standen - während dem Schreiben so zu manipulieren, dass es zu deinem wird, hat diese akademische Banausin verkannt. Zudem kam, dass ich nach langem Hin- und Herüberlegen, oft erst in der zweiten Halbzeit zum Schreiben fand, wodurch sich dann auch grammatikalische Fehler ansammelten, weil mir keine Zeit mehr zum Kontrolllesen blieb. Professorinnen wie jener damals fehlte eben der Sinn für Lyrik, schon gar nicht, wenn sie unter einem Zwang und unter Zeitdruck erwartet wird. So schiss ich drauf ’nen großen Haufen und schrieb nach mutwillig abgebrochener Schulzeit munter weiter und noch viel mehr. Denn ich schreibe bis heute furchtbar gern.

Unvergessliche Schularbeit

Einmal hatte meine werte Deutschprofessorin, Tampir oder so ähnlich hieß sie, erinnere ich mich - man war verleitet es mit dem plumpen Tapir, oder besser gleich mit Trampel zu assoziieren -; ja, gut, einmal hatte sie, die hakennasige Brillenschlange, Recht. Nämlich, als sie meine Schularbeit der Klasse vorlas und mich der Urheberfälschung, also als Plagiator überführte. Sie muss sich wie eine Hauptkommissarin gefühlt haben, oder dürfte scheint’s zuviel der Agathe Christie Romane konsumiert haben, wie der Meister Hercule Poirot, verfügte aber nicht über seine feine Klinge. Sie stellte mich bedenkenlos vor der Klasse bloß,  prangerte mich quasi an, zum allgemeinen Spott. Stockhiebe, Auspeitschen mit Riemen, Gerte oder Gürtel, auf Holzscheiten knien, nicht mal die gemilderte Form einer Dachtel bzw. Kopfnuss, durfte mehr als pädagogische Disziplinierungsmaßnahme eingesetzt werden; aus ihrer Sicht vermutlich bedauerlicherweise. Den verdächtigen Satz las sie wiederholt langsam vor und grinste mich dabei süffisant an, dies Monster von einer mehreutrigen, hornverdrehten Kuh. 

Verdammt, nur wegen einem Wort, dem Tatwort „überdimensional“. Sie fand, in meinem zarten Literatenalter kann und darf man über solche Begriffe noch nicht verfügen. Warum eigentlich? Egal, denn er stammte wahrheitsgetreu ja doch nicht von mir, sondern aus dem Wortschatz meines Vaters. Sie brachte mich im inszenierten Schauprozess nicht nur sich selbst, sondern auch die gesamte Klasse zum Lachen und Kichern. Was sie nicht schaffte, mich in Verlegenheit zu bringen, was denn das Wort bedeute, ich hatte es mir gut gemerkt! 

Ab diesem Moment zog sie sich meine erweiterte Antipathie zu, ich mochte sie sowieso gleich von Anfang an nicht. So wünschte ich ihr überdimensionale, so richtig trottelhaft riesige Schuhe an die Füße ihrer hässlich kurzen Säbelbeine, oder eine ebenso überdimensionale Brille vorm Vogelgesicht und eine saublöde vom viel zu kleinen Hut am Kopf baumelnde Blume, aus der stoßweise Wasser spritzt. Und überhaupt unbeherrschbare Blähungen. Schade, dass ihr niemand ein Furzkissen – wienerisch: Schaßsackerl - unter den Sesselpolster gelegt hat.    

Der Hergang, der Sachverhalt lag so:

Der besagten Schularbeit, auch damals sagten wir schon Test dazu, ging eine entsprechende Hausübung voraus, die wir uns einprägen sollten. Eine Bildbeschreibung. Ein hässlicher, unsympathischer Clown grinste dämlich vom Blatt und wollte präzise, einer Zeugenaussage gleich, be- und umschrieben werden. Als liefe was verkehrt, zuerst gab’s das technisch gut gelungene Phantombild, dann erst die Schilderung. Man durfte auch als Fleißaufgabe persönliche Assoziationen anbringen. Ich machte mich am Nachmittag müde und lustlos ans Werk. Das Wetter draußen lockte mit strahlendem Sonnenschein, viel zu schön, um nicht genutzt zu werden.

Mir wollte partout und absolut nichts einfallen. Stinklangweilige Angelegenheit, die sprachliche Rekonstruktion dieser unsäglichen Zeichnung, die in mir nur Frust, anstatt lustvolle Impulse auslöste. Mein marodierender Arbeitseifer wurde bemerkt. Vom Vater, ein eifriger, ein übereifriger, ein geradezu fanatischer „Bildungserzieher“ begab sich an meine Seite. Er war damals Polizist und dürfte, wie halt öfter zu meinem Leidwesen, Dienstfrei gehabt haben. Meine Mutter war ebenso ganztags berufstätig. Egal, diesmal dankte ich dem Schicksal. Diese Aufgabe schien für ihn als Kiwara wie gemacht zu sein. Der gesuchte Täter wurde regelrecht in Worten seziert.

So begann mein, endlich mal hilfreiche Erziehungsberechtigte zu diktieren. Froh und erleichtert fügte ich mich in den Sekretär-Job. Mit einem Seitenblick sah ich, dass mein Dad vergnügt in die Rolle des braven, fleißigen Schülers schlüpfte. In seiner ausführlichen Schilderung fiel dann der obligate Satzteil „...hängt eine überdimensionale Krawatte herab.“. Der Stein des Anstoßes war unlöschbar auf Papier getintet. Für mich jedoch galt: endlich die Heimarbeit erledigt und tschüss, ab in den Hof zu Freunden und, klar, Innen. Am Abend lernte ich das Bildprotokoll für die morgige Schularbeit in- und auswendig. Der Test müsste geritzt sein! Die Fortsetzung ist hinlänglich wie enttäuschend bekannt.  

Eines hat diese Situation nachhaltig bewirkt, dieses unflätige Wort merkte ich mir für immer. Sie sehen, manchmal kann – muss nicht - schwarze Pädagogik, die Erziehungsmethode des Bestrafens und Erniedrigens, bis weit über die Schulzeit hinaus wirken. Vor allem dann, wenn sie doppelt - daheim und in der Schule - in die, dafür vorgesehenen Neuronen geprägt wird, sich unwiderruflich manifestierte, nachhaltiger als mittels grüner, respektvoller Erziehungsweise. Tafelschwamm drüber! Der armen Professorin sei von Herzen verziehen.

Mit herzlichen Grüßen

eines „besessenen“ Analytikers, der alles und auch das Nichts analysiert, wie z.B. mich, dem voll und ganz bewusst ist, dass er als sein eigener Lektor den Fehlerteufel nicht völlig isolieren kann und hin- und wieder die Kobolde der Wortverspieltheit ihren Schabernack mit ihm treiben, oder ist er gar von Heyoka, dem Donnerträumer heimgesucht worden? Mit diesen Anlagen kommentiere ich zeitgeistige Phänomene und aktuelle Themen. Alles in allem bin ich wohl ein Polemiker, ein „Pamphleteur“ und „Kalaue“, ein pedantischer Ausschweifer - dank seiner nicht zur Ruhe kommen wollenden „Tastenklauen“. Und doch bin ich stets auf der Suche nach der perfekten, unmissverständlichen Formulierung, akribisch durchforste ich dahingehend unsere so nuancenreiche Sprache, auch mit dem Anspruch, mit ihren Worten zu malen. Und wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann neige ich dazu, es auf Verbiegen und Erbrechen durchzusetzen. Als überzeugter Konfessionsloser und Freidenker empfinde ich, vermutlich gerade deshalb, diese Welt als eine faszinierend spirituelle. Am Ende oder zu Beginn meiner Sendungen mit gelegentlich satirischen und anthologischen Zügen lege ich, euch/Ihnen immer wieder mal Links ans Herz, die für eine gerechte, friedvolle Welt eintreten, eine Welt, in der  Lebenssinn und Lust am Leben höchste Priorität hat! Denn Lebensfreude ist das höchste, das eigentliche Menschenrecht! WWW.RE-SPECT.AT Was mich interessiert und ich hinterfrage, sind persönliche Beweggründe aktiver Politiker, die eine Welt voller Kriege und Gewalt und sozialem Unrecht gestalten und bewahren, sie zumindest tolerieren. Vom gestaltenden Politiker zum reflexartig verwaltenden. Zudem mag ich ernste Gesichter lieber als zwanghaften Grinsvisagen. In meiner Kindheit schon hat sich in mir ein Grundsatz gefestigt: Entweder gibt es für alle einen Grund zum Feiern oder für niemand! Die Große Freudenfeier nach Überwindung der nur gemeinsam erreichbaren, nächsten Evolutionsebene, wo Lebensgenuss oberste Priorität hat, steht uns noch bevor. Mir ist Sozialmoral bzw. Sozialethik zu wenig und trotz Wissen von der Gefahr einer Überforderung stelle ich mit Sozialästhetik an uns alle die höchsten Ansprüche. Also gut, ich gestehe, ich bin frei ordinierender Mystiker und Demokrat – Demokrat im wahrsten Sinne des Wortes - und autodidaktisch verbildet (Bildungswildwuchs), dennoch überbringe ich hier weder Heils- noch Hiobsbotschaften, sondern gebe lediglich als dramaturgischer Denker zu bedenken. Übrigens, Kritik nehme ich gerne an, solange Inhaltsteile nicht aus dem Kontext gerissen wurden, insofern nehme ich auch keine Verantwortung für anderswo veröffentlichte, aus dem Zusammenhang gerissene Texte und Textteile und subjektive Interpretationen meiner Inhalte! Ich stehe zu meiner Intoleranz gegenüber Dummheit, vor allem wenn sie mit akademischem, rein theoretischem Wissen kaschiert ist. Zudem ignoriere ich meinen vor vielen Jahren unbedacht, genau genommen versehentlich eröffneten und fatalerweise nicht löschbaren Facebook-Account! Danke für ihre Interesse, Geduld und erhofftes Verständnis!

FIN