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Übersicht: Kritische Punkte der Mindestsicherung in Österreich

Aktiver Admin am So., 10.01.2010 - 16:24
  • Keine ausreichende Armutsbeseitigung:
    • Die Mindestsicherung liegt sehr deutlich unter der von EUSILC 2008 festgelegten Armutsgefährdungsschwelle von 950 Euro, ermöglicht daher kein menschenwürdiges Leben und wird daher der internationalen Verpflichtung aus dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ("UN-Sozialcharta") nicht gerecht.
    • Kindern nur 18% (=134 Euro) zuzugestehen heißt Kinderarmut per Gesetz festschreiben. Hartz IV-Deutschland gewährt immerhin 215 Euro! Menschen in Wohngemeinschaften erhalten dank 25% Abschlag mitunter weniger als in der Sozialhilfe!
    • Ein "Schonvermögen" von nur 3.100 ist auch deutlich unter Hartz-IV-Deutschland und stellt keinen Polster für notwendige Sonderausgaben dar! Auf Finanzierung von Sonderbedarf (Reparaturen, Ablösen bei Wohnungen, ...) besteht kein Rechtsanspruch! Die Pflicht zur "Verwertung" von Autos (unter Zeitdruck) stellt auch eine Art mutwilliger Vermögensvernichtung dar.
  • Zu geringe Ausweitung klar durchsetzbarer Rechte:
    Die Auszahlung des realen Wohnbedarfs und des Zusatzbedarfs bleibt weiterhin der Willkür der Behörden überlassen, die Menschen bleiben daher teilweise weiterhin Bittsteller ohne Rechte.
  • Verschlechterungen durch Angleichung an die Arbeitslosenversicherung:
    Durch die Übernahme der Zumutbarkeitsregeln der Notstandshilfe wird keine Rücksicht auf die oft mehrfachen Benachteiligungen und erschwerten Lebensumstände der betroffenen Menschen genommen und die in jahrelangem Kampf beim Verwaltungsgerichtshof erkämpften Rechte werden mit einem Federstrich zunichte gemacht.
  • Keine Berücksichtigung besonderer Lebenslagen beim "Einsatz der Arbeitskraft":
  • AlleinerzieherInnen wird die Erziehungspflicht nur bis zum 3. Lebensjahr angerechnet, auch wenn keine Kindergartenplätze verfügbar sind!
  • Menschen mit flegebedürftigen Angehören werden erst ab Pflegestufe 3, die 30 Wochenstunden entspricht, von der Arbeitspflicht befreit. Bei einer Mindestverfügbarkeit laut AlVG entspricht das einer 55 Stunden Woche! Schwerstkranke Kinder dürfen gepflegt werden aber nicht schwerkranke?
  • Jugendliche, die eine Ausbildung abgebrochen haben oder die falsche begonnen haben, erhalten keine zweite Chance und dürfen weder ihre abgebrochene Ausbildung abschließen noch eine neue beginnen. In Österreich gelten 100.000 Jugendliche bzw. 10% als Schulabbrecher!
  • Verstärkte Überwachung und Abbau des Datenschutzes bzw. der Privatsphäre:
    • Es kann nun von den Betroffenen Menschen von den Behörden nicht nur eine "Sozialanamnese", eine "Kompetenzbilanz" und eine "Perspektivenklärung" sowie zahlreiche andere Daten über die Betroffenen und deren Lebensumfeld (!) erhoben werden - Daten die bislang zum Teil nur bei den betreuenden Einrichtungen erhoben wurden. Diese Daten können auch gegen den Willen der Betroffenen zwischen Land, Bund (AMS) und Sozialversicherungen ausgetauscht werden!
    • Die automatische Weitergabe von Daten über die Einstellungen des AMS-Bezugs, die bereits aufgrund unüberprüfter Behauptungen Dritter ohne Gewährung des Parteiengehörs erfolgt, bedeutet eine Ausweitung der repressiven AMS-Politik auf die Mindestsicherung.
  • Verstärkte Repressionen gegen Armutsbetroffene durch das Dogma der "Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt":
    • Nach jeder Krise steigt die Sockelarbeitslosigkeit und damit die Zahl jener Menschen, die dauerhaft von der Wirtschaft vom Erwerbsleben ausgeschlossen werden. Die unter Sperrdrohung aufgenötigten "Wiedereingliederungsmaßnahmen" des AMS ermöglichen daher immer seltener einen Einstieg in den "ersten Arbeitsmarkt" und werden daher immer öfter als demütigend und stigmatisierend erlebt und zerstören so letzten Endes das Leben der betroffenen Menschen.
    • Selbst Beratungs- und Betreuungsangebote können unter Sanktionsdrohung gestellt werden, was besonders kontraproduktiv ist, da erfolgreiche Sozialarbeit ein Vertrauensverhältnis voraussetzt und daher freiwillig sein muß!
  • Mangelnde Einbeziehung der Betroffenen:
    Nirgends ist die Rede von den Rechten der betroffenen Menschen. Die Betroffenen haben weiterhin keine gesetzlich geregelte Interessensvertretung und keinerlei Mitsprache bei der Vollziehung des Gesetzes, womit die Mindestsicherung den Anforderungen einer modernen Demokratie keinesfalls gerecht wird.
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